Leitsatz
- Nutzt ein selbständig tätiger Steuerpflichtiger sein häusliches Arbeitszimmer zu 20 % zu beruflichen Zwecken und steht ihm für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, so kann er 20 % seiner tatsächlichen Aufwendungen, nicht aber pauschal 1250 EUR als Betriebsausgaben absetzen.
- Ist ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger Mitglied der Geschäftsleitung eines Unternehmens, so besteht die widerlegbare Vermutung, dass ihm sein Arbeitsplatz im Betrieb seines Arbeitgebers ständig zur Verfügung steht.
Sachverhalt
Rechtsanwalt R war als Mitglied der Geschäftsleitung und Syndikus-Anwalt eines Unternehmens nichtselbständig tätig. Seine Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem mit R abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Das Finanzamt ließ die geltend gemachten Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in Höhe von 2957 DM (1996) und 3112 DM (1997) weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben zum Abzug zu. Das FG gab der Klage teilweise statt. Da das Arbeitszimmer nach dem Vorbringen des Klägers zu ca. 50 bis 55 % für häusliche Arbeiten als Geschäftsleitungsmitglied, zu ca. 20 % für die Anwaltstätigkeit und zu ca. 10 % für Verwaltungsarbeiten der Ehefrau genutzt werde, könnten die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nur in Höhe von 20 % als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung, dass die Aufwendungen für das Arbeitszimmer lediglich in Höhe des der freiberuflichen Nutzung entsprechenden Anteils als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gelten für alle Einkunftsarten gleichermaßen, dem Grunde nach also auch für die Kanzlei eines Rechtsanwalts, wenn diese die Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer erfüllt. Die Aufwendungen sind aber nur insoweit als Betriebsausgaben abziehbar, als sie durch die freiberufliche Tätigkeit veranlasst sind, hier somit nur zu 20 %. Allerdings wurde zu Unrecht nicht geprüft, ob die Aufwendungen für das Arbeitszimmer anteilig auch als Werbungskosten bei den Einkünften des R aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigt werden können. Voraussetzung dafür wäre, das R außerhalb der üblichen Arbeitszeiten – also spät abends, an Feiertagen sowie an Samstagen und Sonntagen – seinen Arbeitsplatz im Betrieb nicht nutzen konnte.
Praxishinweis
Wird ein Arbeitszimmer, das – wie hier – nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen bildet, im Rahmen mehrerer Einkunftsarten genutzt, können die Aufwendungen für das Arbeitszimmer anteilig bis zum Höchstbetrag von insgesamt 1250 EUR (früher: 2400 DM) abgezogen werden. Diese Verwaltungsregelung1 bezeichnet der BFH ausdrücklich als zutreffende Gesetzesauslegung. Der gegenteiligen Auffassung des FG Niedersachsen folgt er nicht.
Der BFH stellt darüber hinaus den allgemeinen Erfahrungssatz auf, dass Mitglieder der Geschäftsleitung eines Unternehmens eine unbegrenzte Zugangsberechtigung zum Betrieb haben. Von dieser widerlegbaren Vermutung hat das FG bei der Prüfung des anteiligen Werbungskostenabzugs im zweiten Rechtsgang auszugehen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 14.12.2004, XI R 13/04