Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag auf sog. schlichte Änderung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 i.d.F. des GrenzPG vom 24.6.1994 zugunsten des Steuerpflichtigen muss vor Ablauf der Einspruchsfrist auf eine bestimmte Änderung gerichtet sein.
Sachverhalt
Das Finanzamt hatte die KSt für das Streitjahr 1995 durch Bescheid vom 12.2.1998 im Wege der Schätzung festgesetzt. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und kündigte die Vorlage der Steuererklärung bis zum 30.4.1998 an.
Nachdem dies unterblieb, wies das Finanzamt den Einspruch am 5.5.1998 als unbegründet zurück. Die Klägerin reichte daraufhin am 11.5.1998 beim Finanzamt ihre KSt-Erklärung 1995 ein und beantragte, den KSt-Bescheid gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO i.d.F. des GrenzPG vom 24.6.1994 entsprechend zu ändern. Das Finanzamt lehnte dies ab. Klage und Revision der Klägerin blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO darf ein Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen im Wege der sog. schlichten Änderung geändert werden, soweit dieser zustimmt oder seinem Antrag entsprochen wird, allerdings nur dann, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat. Diese letzte Voraussetzung wird im Streitfall nicht erfüllt; die Klägerin hat einen entsprechend konkretisierten Änderungsantrag erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung und damit nach Ablauf der Einspruchsfrist nach § 355 AO gestellt. Für eine "schlichte" Änderung bleibt damit kein Raum.
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO stellt ausdrücklich auf die Einspruchsfrist ab. Der Gesetzgeber hat hierdurch den zuvor im Gesetz enthaltenen Begriff "Rechtsbehelfsfrist" ersetzt. Dies ist ausweislich der amtlichen Gesetzesbegründung zwar nur aus redaktionellen Gründen geschehen. Dennoch ist der nunmehrige Gesetzeswortlaut klar und eindeutig und lässt keine Auslegungsmöglichkeiten. Soweit der gesetzgeberische Wille dahinter zurückbleibt, hat er im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es ungeachtet der gesetzlichen Änderung in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO bei der bisherigen Klarstellung in Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift geblieben ist, wonach u.a. die in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst, a bestimmten Änderungsbefugnisse auch dann gelten, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. Auch dann bleibt es dabei, dass Änderungen des angefochtenen Bescheids nur ermöglicht werden, wenn die in Satz 1 enthaltenen Änderungsvoraussetzungen erfüllt, im Falle der "schlichten" Änderung also, wenn die erforderliche Änderungszustimmung oder der erforderliche Änderungsantrag vor Ablauf der Einspruchsfrist eingegangen sind. Die dem entgegenstehende Rechtsprechung zur früheren Rechtslage ist durch die Neufassung des Gesetzes überholt.
Link zur Entscheidung
BFH vom 21.10.1999 - I R 25/99