Leitsatz

1 Der Antrag auf Berichtigung des Tatbestands eines BFH-Urteils ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig und der Antrag, die Urteilsbegründung entsprechend zu ändern bzw. zu ergänzen, unstatthaft.
2 Gemäß § 108 Abs. 2 FGO wirken bei der Entscheidung über einen Berichtigungsantrag (§ 108 Abs. 1 FGO) nur diejenigen Richter mit, die bei der zugrunde liegenden Entscheidung mitgewirkt haben. Nach Ausscheiden eines Richters aus dem Senat sind nur noch die verbliebenen (hier: vier) Bundesrichter zur Mitwirkung berufen.
 

Sachverhalt

Zwei Jahre nach Zustellung eines BFH-Urteils teilten die Kläger dem BFH mit, dass die in dem Urteil enthaltene Feststellung nicht korrekt sei, der Kläger habe 14 Mandanten zurückbehalten, die er in die Praxis B überführt habe. Er habe stattdessen nur 2 Mandate zur weiteren Betreuung "übernommen", die restlichen 12 Mandanten hätten "sich vermutlich dort einen anderen Steuerberater gesucht". Sie baten um entsprechende Tatbestandsberichtigung.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH fehlt es für einen Tatbestandsberichtigungsantrag an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse, wenn die zu ändernde Entscheidung unabhängig von der angestrebten Berichtigung des Tatbestands – wie im Streitfall das Revisionsurteil – weder durch Rechtsmittel oder anderweitig, z.B. durch ein Wiederaufnahmeverfahren, zu ändern ist und damit der Zweck der Tatbestandsberichtigung entfällt, die Berücksichtigung eines unrichtig beurkundeten Prozessstoffs in einer Rechtsmittelentscheidung zu vermeiden[1]. Nach § 108 Abs. 2 FGO ergeht die Entscheidung durch unanfechtbaren Beschluss, an dem nur die Richter mitwirken, die beim Urteil mitgewirkt haben. Dabei sind verhinderte Richter an der Mitwirkung ausgeschlossen; eine Vertretung erfolgt nicht[2].

 

Praxishinweis

Wann ein Richter verhindert ist, wird nach denselben Grundsätzen wie bei § 105 Abs. 1 Satz 3 FGO beurteilt[3]. Nach dem zivilprozessualen Schrifttum gilt der Senatswechsel eines an der Entscheidung beteiligten Richters wie bei einer Verhinderung an der Unterschriftsleistung nach § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO überwiegend nicht als Fall der Verhinderung. Der BFH hat offengelassen, ob das Ausscheiden eines Senatsmitglieds aus dem Spruchkörper und sein Wechsel in einen anderen Spruchkörper desselben Gerichts nach Ergehen der vom Tatbestandsberichtigungsbegehren betroffenen Entscheidung dessen Mitwirkung an der Berichtigungsentscheidung hindert. Sein Hinweis, dass im Streitfall wegen der Unzulässigkeit des Berichtigungsantrags und wegen fehlender Erheblichkeit der Erinnerungsfähigkeit des ausgeschiedenen Richters aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen Entscheidung und Berichtigungsantrag eine Beteiligung nicht für geboten gehalten wurde, lässt darauf schließen, dass er bei zulässigen und zeitnah zum Entscheidungsdatum gestellten Berichtigungsanträgen zu Recht von der unveränderten Mitwirkungspflicht aller entscheidenden Richter ausgeht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 08.05.2003, IV R 63/99

[3] Vgl. Brandt, in: Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, Bonn, § 108 FGO Rz. 53

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