Leitsatz
Eine Steuerberatungs-GmbH mit buchführungspflichtigen Umsätzen ist nicht zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG berechtigt.
Sachverhalt
Eine Steuerberatungs-GmbH mit Umsätzen von mehr als 125.000 EUR beantragte erfolglos ab 2004 die Ist-Versteuerung. Klage und Revision wurden abgewiesen.
Entscheidung
Es bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem EU-Recht, das den Mitgliedstaaten die Ist-Besteuerung "für bestimmte Umsätze oder für Gruppen von Steuerpflichtigen" ermöglicht und einen erheblichen Spielraum einräumt. Ebenso wenig bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit allgemeinen Grundsätzen wie dem Neutralitätsgebot und dem Diskriminierungsverbot.
Hinweis
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet. Die Vorschrift enthält 3 Alternativen:
- Nr. 1 betrifft alle Unternehmer ohne Rücksicht auf die Buchführungspflicht, wenn der Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als (zurzeit) 500.000 EUR betragen hat.
- Nr. 2 betrifft Unternehmer, die zum einen die Umsatzgrenze der Nr. 1 überschritten haben, zum anderen von der allein steuerrechtlichen Buchführungspflicht entbunden sind. Dies kommt aber nur bei besonderen Härten in Betracht, die sich z.B. aus dem Überschreiten der Umsatzgrenzen aufgrund außergewöhnlicher und einmaliger Geschäftsvorfälle ergaben.
- Nr. 3 betrifft Unternehmer mit Umsätzen aus einer Tätigkeit als Freiberufler i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Mit dem Verweis auf Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit knüpft die Regelung nur an die Art der Umsätze, nicht aber an die Rechtsform, in der diese getätigt werden, sondern an die Buchführungspflicht an.
Diese Alternative betrifft Umsätze, für die Unternehmer vor Inkrafttreten der Vorschrift nicht der (allein) steuerrechtlichen Buchführungspflicht unterlagen, nicht aber Umsätze, für die Unternehmer aufgrund anderer als steuerrechtlicher Vorschriften buchführungspflichtig waren. Unternehmer, die – auch steuerrechtlich – keine Bücher führen müssen, sollten nicht allein wegen der Umsatzsteuer zu zusätzlichen Aufzeichnungen gezwungen werden. Unternehmer, die aus anderen als steuerrechtlichen Gründen Bücher führen müssen oder freiwillig Bücher führen, können die Ist-Besteuerung daher nicht erreichen. Der Streitfall betraf zwar eine buchführungspflichtige GmbH und die Aussage zur freiwilligen Buchführung ist nur ein "obiter dictum". Eine andere Beurteilung ließe sich aber mit dem Zweck der Regelung nicht vereinbaren.
Link zur Entscheidung
BFH, 22.07.2010, V R 4/09.