Leitsätze (amtlich)

  1. Die Vorschrift des § 3 Abs. 11 UStG 1993 findet nicht nur auf Geschäftsbesorgungen Anwendung, bei denen der Geschäftsbesorger (Auftragnehmer) für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern auch auf Geschäftsbesorgungen, bei denen der Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen ausführt (sog. Leistungsverkauf).
  2. Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht § 3 Abs. 11 UStG 1993 hinsichtlich des zu erreichenden Ziels den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG.
  3. Der Auftraggeber, der einen Unternehmer (Auftragnehmer) beauftragt, im eigenen Namen (des Auftragnehmers), aber für Rechnung des Auftraggebers eine Ferienwohnung zu vermieten, ist deshalb so zu behandeln, als ob er die Ferienwohnung an den Auftragnehmer und dieser an die Feriengäste zur kurzfristigen Beherbergung von Feriengästen vermietet hätte.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Grundstücksgemeinschaft von Eheleuten, erwarb am 18.12.1996 das Wohnungseigentum an einer noch zu errichtenden Ferienwohnung für 435 576 DM. Die Umsatzsteuer von 56 814 DM ist in der Rechnung vom 20.12.1996 gesondert ausgewiesen. Nach Fertigstellung schloss der Ehemann im Namen der Grundstücksgemeinschaft am 21.10.1997 mit der Ferienwohnungsvermietungsfirma O-GmbH eine "Vermietungsvereinbarung", mit der die Klägerin als Eigentümerin die Vermittlung und Vermietung der Wohnung an Feriengäste auf die O-GmbH übertrug. Der O-GmbH wurde durch diesen Vertrag das ausschließliche und alleinige Verfügungsrecht über die Ferienwohnung eingeräumt. Für ihre Tätigkeit sollte die O-GmbH eine Provision von 15 % der Mieteinnahmen zuzüglich Umsatzsteuer erhalten. Die O-GmbH schloss die Mietverträge mit den Feriengästen in eigenem Namen ab. Mit den USt-Erklärungen 1996 und 1997 machte die Klägerin Vorsteuer im Zusammenhang mit dem Erwerb der Ferienwohnung von 57 004 DM bzw. 10 228 DM geltend. Die Umsätze gaben sie jeweils mit 0 DM an mit der Begründung, dass Vermietungen erst ab 1998 stattgefunden hätten. Das Finanzamt forderte die zunächst anerkannte Vorsteuer mit dem Hinweis zurück, die Klägerin habe wegen des Geschäftsbesorgungsverhältnisses mit der O-GmbH keine steuerbaren Leistungen erbracht. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Die Revision hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Klägerin ist gemäß § 3 Abs. 11 UStG 1993 so zu behandeln, als ob sie die Ferienwohnung an den Vermarkter (die O-GmbH) und dieser sie an die Feriengäste zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden vermietet hätte. Damit ist sie Unternehmerin und zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 11 UStG sind erfüllt. Die O-GmbH hat die Geschäfte der Klägerin besorgt, indem sie die Ferienwohnung an die Feriengäste zwar im eigenen Namen, aber im Auftrag und für Rechnung der Klägerin vermietet hat. § 3 Abs. 11 UStG findet nicht nur auf Geschäftsbesorgungen Anwendung, bei denen der Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern auch auf Geschäftsbesorgungen, bei denen der Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen ausführt (sog. Leistungsverkauf). Auch im Bürgerlichen Recht ist der Begriff "Geschäftsbesorgung" nicht auf den "Einkauf von Leistungen" beschränkt, sondern meint jedwedes Geschäft, das für einen andern besorgt wird[2]. Aus der Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 11 UStG folgt nichts anderes. Die durch das UStG 1980 eingeführte Neuregelung des § 3 Abs. 11 UStG ist an die Stelle des § 3 Abs. 11 UStG 1973 getreten. Nach § 3 Abs. 11 Satz 1 UStG 1973 galt die Besorgung von Beförderungen als im Ausland ausgeführt, wenn die besorgten Leistungen im Ausland bewirkt wurden. Stattdessen bestimmt § 3 Abs. 11 UStG 1980ff. ganz allgemein: "Besorgt ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung, so sind die für die besorgte Leistung geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden." Die Gesetzesbegründung[3] lautet: "Mit dieser Neuregelung wird eine Gleichstellung der Besorgungsleistungen mit den besorgten Leistungen herbeigeführt. Dadurch wird z.B. sichergestellt, daß die Steuerbefreiungen des § 4 Nr. 2, § 8 und des § 4 Nr. 3 auch für die Besorgung der dort bezeichneten Leistungen in Betracht kommen, ohne daß dies in den Befreiungsvorschriften ausdrücklich erwähnt wird." Dafür, dass die Neuregelung trotz ihrer allgemeinen Formulierung nicht den sog. Leistungsverkauf erfassen sollte, gibt es keine Anhaltspunkte.

In den Fällen des § 3 Abs. 11 UStG 1993 sind die für die besorgten Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistungen entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet nicht nur, dass einzelne für die besorgte Leistung geltende Vorschriften - wie z.B. zum Ort der sonstigen Leistung in § 3a UStG oder zur Steuerbefreiung in § 4 UStG - auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden sind, sondern dass die Besorgungsleistung grundsätzlich insgesamt wie die besorgte ...

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