Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
§ 5 Abs. 3 GrEStG setzt die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus und ist daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass – trotz der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders – die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn aufgrund einer Anteilsschenkung eine Steuerumgehung objektiv ausscheidet.
Sachverhalt
B hatte sein Einzelunternehmen samt Grundstück in eine GmbH & Co. KG eingebracht und war Kommanditist geworden.
Später schenkte B seinen Söhnen sowie Frau E je 16 % des Kommanditkapitals.
Das Finanzamt setzte nach § 5 Abs. 3 GrEStG für die Grundstückseinbringung Grunderwerbsteuer für den auf E entfallenden Anteil fest; darüber hinaus wurde die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG nicht erhoben. Der dagegen gerichteten Klage gab das FG statt. Der BFH bestätigte dieses.
Entscheidung
Bringt der Eigentümer ein Grundstücks in eine Gesamthand ein, wird die Grunderwerbsteuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist.
Allerdings ist § 5 Abs. 2 GrEStG nachAbs. 3 insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert.
Soweit B die Anteile seinen Söhne geschenkt hatte, hat das Finanzamt die Besteuerung mit Blick auf § 3 Nr. 6 GrEStG wohl als nicht sachgerecht angesehen.
Die Rechtsprechung lässt die quotale Zurechnung persönlicher Eigenschaften des Gesamthänders trotz der relativen Selbstständigkeit und Rechtsträgerschaft der Gesamthand zu.
Dies führt dazu, dass bei Verwandtschaft in gerader Linie zwischen demjenigen, der ein Grundstück auf eine Gesamthand überträgt, und den an dieser Gesamthand beteiligten Gesamthändern das Nichtbeteiligtsein des Grundstücksveräußerers an der Gesamthand oder die planmäßige Aufgabe der gesamthänderischen Beteiligung der Anwendung des § 5 GrEStG nicht entgegensteht.
Zur Schenkung an E stellt der BFH klar, dass § 5 Abs. 3 GrEStG angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks, Steuerausfälle zu vermeiden, teleologisch zu reduzieren ist.
§ 5 Abs. 3 GrEStG setzt als Missbrauchsverhinderungsvorschrift die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus.
In den in § 3 Nr. 2 GrEStG genannten Fällen des Grundstückserwerbs von Todes wegen bzw. der Grundstücksschenkungen unter Lebenden fehlt aber regelmäßig eine derartige objektive Umgehungsmöglichkeit, weil der jeweilige Erwerbsvorgang bei einer unmittelbaren Grundstücksübertragung auf die Erwerber steuerbefreit wäre.
Hinweis
Diesem Urteil lässt sich die Tendenz entnehmen, dass der BFH bei vergleichbaren Sachverhalten zukünftig eine Art von "Missbrauchstest" anstellen wird:
Liegt im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 GrEStG ein Sachverhalt vor, dem keine objektive Steuerumgehungsmöglichkeit innewohnt, ist die Vorschrift nicht anzuwenden.
Link zur Entscheidung
BFH, 07.10.2009, II R 58/08