Leitsätze (amtlich)

  1. Die Anwendung von § 42 AO 1977 neben der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§7 ff. AStG setzt voraus, dass die gewählte Gestaltung auch bei einer Bewertung am Gesetzeszweck der §§7 ff. AStG sich als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstellt (Bestätigung der Senatsurteile vom 20.6.1992, I R 105/89, BStBl II 1992, S. 1029; vom 23.10.1991, I R 40/89, BStBl II 1992, S. 1026 = INF 1992, S. 228; vom 19.1.2000, I R 94/97, BStBl II 2001, S. 222 = INF 2000, S. 313). Diese Einschränkung gilt auch dann, wenn die Zwischenschaltung der Basisgesellschaft nur deswegen nicht der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§7 ff. AStG zu unterwerfen ist, weil die Zwischeneinkünfte keiner Niedrigbesteuerung nach § 8 Abs. 3 AStG unterliegen.
  2. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 42 Satz 1 AO 1977 (§ 42 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 n.F.) nicht erfüllt, bleibt die Vorschrift unbeschadet des § 42 Abs. 2 AO 1977 n.F. unanwendbar.
  3. Liegt die Unangemessenheit einer Gestaltung allein in Tatumständen, die die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG auslösen, liegt regelmäßig kein Missbrauch i.S. von § 42 AO 1977 vor. So verhält es sich auch bei der Einschaltung einer Gesellschaft zur Finanzierung eines konzerneigenen Bauprojektes.
  4. Es ist nicht missbräuchlich, wenn eine Tochtergesellschaft ihr Ausschüttungsverhalten gegenüber der Muttergesellschaft danach ausrichtet, dass die Muttergesellschaft einerseits für die Ausschüttungen in den Genuss des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs kommt und ihr andererseits die Möglichkeit erhalten bleibt, die mit der Beteiligung in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Kosten als Betriebsausgaben abzuziehen.
 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der inländischen R-GmbH. Die R gehörte im Streitjahr 1989 ebenso wie die X-Corporation zu einem US-amerikanischen Konzern. Die X erwarb im Streitjahr Grundstücke in den USA, um darauf ein neues Forschungs-, Entwicklungs- sowie Verwaltungszentrum zu errichten. Die Gesamtkosten wurden auf 261 Mio. US-$ veranschlagt. Zur Finanzierung des Vorhabens wurde am 23.8.1989 die A-Corpo-ration, Delaware, gegründet und mit einem Kapital von 225 001000 US-$ versehen. Sämtliche Anteile wurden von der R übernommen und in Höhe von 30 Mio. US-$ durch Gesellschaftereinlagen in die R finanziert. Im Übrigen nahm die R am 30.11.1989 ein Darlehen über 350 571 000 DM auf, das zu als Betriebsausgaben geltend gemachten Finanzierungskosten führte. Die A sagte der X ein Darlehen von bis zu 243 Mio. US-$ mit einer Laufzeit von 13 Jahren zu, das entsprechend dem Baufortschritt ausgezahlt werden sollte. Das noch nicht benötigte Kapital legte die A zwischenzeitlich in festverzinslichen Wertpapieren an; die Erträge sollten zur Aufstockung der Kapitaleinlage von 225 Mio. US-$ auf den voraussichtlichen Darlehensbetrag von 243 Mio. US-$ dienen. Ende 1991 verkaufte die X den gesamten Komplex und tilgte mit den erhaltenen Mitteln das von der A gewährte Darlehen. Darauf wurde die A liquidiert. Am 23.12.1991 zahlte die A an die R den Liquidationserlös von 251539 885 US-$, aus dem die R das aufgenommene Darlehen zurückzahlte. Die Liquidation führte bei der R in 1991 zu einem steuerpflichtigen Gewinn von 3 068 611 DM, der in 1991 versteuert wurde. Bei Zugrundelegung des bei Erwerb der Beteiligung gültigen Wechselkurses hätte sich ein Liquidationsgewinn von mehr als 47 Mio. DM ergeben. Dividenden hatte die A während der ganzen Zeit ihres Bestehens nicht gezahlt. Das Finanzamt versagte der R zunächst unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 3c EStG den Abzug der Refinanzierungskosten als Betriebsausgaben. Es setzte die KSt entsprechend fest, sah aber während des dagegen geführten Klageverfahrens hiervon ab und behandelte stattdessen die Zwischenschaltung der A als rechtsmissbräuchlich i.S. von § 42 AO. Das Finanzamt besteuerte die R deshalb so, als hätte diese die von ihr als Darlehen aufgenommenen Gelder der X unmittelbar gegen Zinsen zur Verfügung gestellt. Die Aufwendungen für die Gründung und Zwischenschaltung der A sowie die Finanzierungskosten wurden nicht als Betriebsausgaben anerkannt, da sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung nicht entstanden wären. Zugleich wurden verdeckte Gewinnausschüttungen angenommen: Einem fremden Dritten wären Zinsen nicht nur in Höhe der eigenen Refinanzierungskosten, sondern mit einem entsprechenden Aufschlag in Rechnung gestellt worden; das Währungsrisiko wäre nicht übernommen worden. Dementsprechend erging ein geänderter Steuerbescheid, der zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht wurde. Die weitergeführte Klage blieb überwiegend erfolglos[1]. Der BFH wies die dagegen erhobene Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Die Revision der Klägerin hatte dagegen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

  1. Das FG ist davon ausgegangen, dass die Zwischenschaltung der A den Tatbestand des § 42 AO erfülle. Es liege ein Gestaltungsmissbrauch des Rechts vor, was zur Folge habe, ...

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