Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
- Wird ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer von seinem deutschen Arbeitgeber in den Verwaltungsrat ("Consejo de administración") einer spanischen Gesellschaft entsandt, ohne für die dortige Tätigkeit eine besondere Vergütung zu erhalten, so ist sein von seinem deutschen Arbeitgeber gezahlter Arbeitslohn nicht anteilig nach Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 DBA-Spanien steuerfrei.
- Entsendet eine inländische Gesellschaft einen ihrer Arbeitnehmer zu einer spanischen Tochtergesellschaft und erstattet ihr diese denjenigen Teil des Arbeitslohns, der auf die für sie in Spanien ausgeübte Tätigkeit entfällt, so wird hierdurch die Tochtergesellschaft nicht notwendig zur Arbeitgeberin des betreffenden Arbeitnehmers im abkommensrechtlichen Sinne. Voraussetzung hierfür ist vielmehr, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei der Tochtergesellschaft in deren Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf der Tochtergesellschaft eingebunden ist.
- Wird der Arbeitnehmer einer inländischen Kapitalgesellschaft (Muttergesellschaft) zeitweilig für deren spanische Tochtergesellschaft tätig und erstattet diese der Muttergesellschaft zeitanteilig den von ihr gezahlten Arbeitslohn, so wird dieser Teil des Arbeitlohns regelmäßig "für die Tochtergesellschaft" gezahlt. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch, wenn die Tochtergesellschaft einem nicht von der Muttergesellschaft entsandten Arbeitnehmer nur geringere Bezüge zugestanden hätte.
Problematik
Das vorliegende Verfahren befasst sich mit dem abkommensrechtlichen Arbeitgeberbegriff bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung zwischen verbundenen Unternehmen. Arbeitgeber im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen ist derjenige Unternehmer, der die Vergütungen für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer dem ausländischen Unternehmen seine Arbeitsleistung schuldet, unter dessen Leitung tätig wird und dessen Weisungen unterworfen ist und der Arbeitslohn nicht Preisbestandteil für eine Lieferung oder Werkleistung ist. Es ist damit nicht entscheidend, wer bürgerlich-rechtlich Vertragspartei ist und wer den Lohn auszahlt, weil Arbeitgeber und lohnzahlende Stelle durchaus verschieden sein können.
Entscheidung des BFH
Ein Arbeitnehmer bezog als Vorstandsmitglied einer inländischen Muttergesellschaft Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er wurde u.a. bei einer spanischen Tochtergesellschaft tätig und hielt sich zu diesem Zweck an 124 Arbeitstagen des Streitjahres in Spanien auf. Die deutsche Muttergesellschaft zahlte ihrem Vorstandsmitglied auch während seiner Tätigkeit in Spanien weiterhin seine vollen Vorstandsbezüge aus, behielt jedoch von dem auf die Tätigkeit in Spanien entfallenden Anteil keine Lohnsteuer ein. Vielmehr unterwarf die spanische Tochtergesellschaft den entsprechenden Betrag der spanischen Quellensteuer. Der danach verbleibende Nettobetrag der anteiligen Bezüge wurde konzernintern zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft verrechnet. Die Beteiligten streiten darüber, ob die auf die 124 Tage entfallenden Einkünfte des Arbeitnehmers durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Einkommensteuer freizustellen sind.
Nachdem das Finanzgericht die Klage auf anteilige Freistellung des Gehalts von der deutschen Besteuerung abgewiesen hatte, hob der BFH das Urteil des FG auf und wies die Sache an das FG zurück, da dessen Feststellungen eine abschließende Beantwortung der Frage, ob und ggf. inwieweit der Arbeitslohn im vorliegenden Fall in Deutschland steuerfrei ist, nicht zuließen. Nach Meinung des BFH kommt es entscheidend darauf an, in wessen Interesse das Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft zur spanischen Tochtergesellschaft entsandt worden war, ob seine dortige Arbeit durch die für einen Arbeitnehmer kennzeichnende Weisungsabhängigkeit geprägt war oder ob er in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied der deutschen Muttergesellschaft faktisch außerhalb der firmeninternen Entscheidungsstränge der Tochter stand.
Konsequenzen für die Praxis
Entsendet eine inländische Gesellschaft einen ihrer Arbeitnehmer zu einer ausländischen Tochtergesellschaft und erstattet ihr diese denjenigen Teil des Arbeitslohns, der auf die für sie im Land der Tochtergesellschaft ausgeübte Tätigkeit entfällt, so wird hierdurch die Tochtergesellschaft nicht notwendig zur Arbeitgeberin des betreffenden Arbeitnehmers im abkommensrechtlichen Sinne, sodass der Arbeitslohn im Inland von der Besteuerung freizustellen ist. Voraussetzung für die Arbeitgebereigenschaft im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen ist vielmehr, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei der Tochtergesellschaft in deren Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf der Tochtergesellschaft eingebunden ist. Eine konzerninterne Entsendung kann somit nur dann zu einem Wechsel der Arbeitgeberstellung führen, wenn der betreffen...