Für den Klimaschutz werden derzeit Milliarden von Euro in die energetische Sanierung von Gebäuden investiert. Oft müssen dabei asbesthaltige Baustoffe entfernt werden. Um Arbeiter vor den massiven Gesundheitsrisiken zu schützen, will die EU-Kommission die Grenzwerte für die Asbestexposition senken.
Von Bodenbelag bis Dachplatte – asbesthaltige Materialien sind langlebig und wurden in vielen älteren Gebäuden, insbesondere Wohnhäusern, verbaut. Mit der wachsenden Zahl von Gebäudesanierungen für den Klimaschutz befürchten Experten auch einen Anstieg der Asbest-"Opfer" unter Handwerkern und Arbeitern. Wie die EU-Kommission mitteilt, erfordern die Sanierungsmaßnahmen für mehr Energieeffizienz oft das Entfernen von asbesthaltigen Materialien. Dies stelle während der Sanierungswelle einen hohen gesundheitlichen Risikofaktor dar.
Zu viele Tote durch Asbest
In der Konsequenz will die EU-Kommission die europäischen Grenzwerte für die arbeitsbedingte Asbestexposition (Einatmen der Asbestfasern) senken. Ein konkreter Vorschlag soll 2022 präsentiert werden. Nach Zahlen der Brüsseler Behörde sterben in Europa pro Jahr etwa 88.000 Menschen an den Folgen von Kontakt mit Asbest. 55 bis 85 % der am Arbeitsplatz entwickelten Lungenkrebserkrankungen sollen in Zusammenhang mit der Faser stehen. Die Zeit von der Asbestexposition bis zum Auftreten einer darauf zurückzuführenden Erkrankung (Latenzzeit) kann nach Angaben des Bundesumweltamts bis zu etwa 30 Jahre betragen.
Auch die Arbeitsplatzgrenzwerte für Blei und sog. Diisocyanate, die z. B. in Dichtungsmitteln, Beschichtungen und Schäumen enthalten sind, will die EU-Kommission im kommenden Jahr verschärfen. Ziel müsse es sein, die Zahl der arbeitsbedingten Todesfälle in der EU möglichst auf 0 zu senken, sagte der zuständige EU-Kommissar Nicolas Schmit zu den Plänen. Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis verwies darauf, dass jährlich insgesamt mehr als 200.000 Menschen an arbeitsbedingten Erkrankungen stürben.
Asbest seit 1993 verboten
Asbest ist eine mineralische Naturfaser mit guten Dämmeigenschaften sowie hoher Beständigkeit gegen Hitze und Chemikalien. In den 1970er-Jahren wurde bekannt, dass die Lunge durch das Einatmen von Asbestfasern schwer geschädigt werden kann. Die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Asbest und asbesthaltigen Produkten ist in Deutschland schon seit dem 31.10.1993 verboten. Der eigentliche Gefahrenherd sind deshalb Sanierungsobjekte.
Asbest wurde vor 1993 als Material nicht nur in Wänden, Böden und Dächern verbaut, sondern befand sich auch in Fliesenklebern und Spachtelmasse. Deshalb können Umbauten schon ausreichend sein, um Asbest freizusetzen.
Produkte mit schwach gebundenem Asbest können Fasern in die Raumluft abgeben, auch wenn nicht an ihnen gearbeitet wird. Alterungsprozess und Erschütterung können schon ausreichend sein. Dagegen sind fest gebundene Fasern, etwa im sog. Asbestzement, unbedenklich, solange der Baustoff intakt ist. Wird das Produkt aber beschädigt oder bearbeitet, können auch hier Asbestfasern in die Luft gelangen.