Leitsatz (amtlich)

Ist eine in Deutschland ansässige Person atypisch still an dem Unternehmen einer Schweizer Kapitalgesellschaft beteiligt, so sind die auf diese Weise erzielten Gewinnanteile Unternehmensgewinne i. S. des Art. 7 DBA-Schweiz. Diese Gewinnanteile durften bis zum Veranlagungszeitraum 1993, soweit die Schweizer Gesellschaft aktiv tätig war und ihr Gewinn innerhalb von schweizerischen Betriebstätten erzielt wurde, nicht in die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer einbezogen werden.

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 1985 an der Schweizer A-AG still beteiligt und sollte am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und am Firmenwert der A-AG partizipieren. Im Streitjahr erzielte er aus der Beteiligung einen laufenden Gewinn in Höhe von ca. 1,3 Mio. DM. Das Finanzamt rechnete diesen Gewinn den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb zu und bezog ihn in die Bemessungsgrundlage der Steuer ein. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg[1]. Die Revision wies der BFH als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz werden bestimmte aus der Schweiz stammende Einkünfte einer in Deutschland ansässigen Person, die nach Art. 6 bis 21 DBA-Schweiz von der Schweiz besteuert werden dürfen, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Zu diesen Einkünften zählen u. a. Gewinne i. S. des Art. 7 DBA-Schweiz aus der Tätigkeit einer Betriebstätte, soweit diese durch - im Abkommen selbst näher beschriebene - "aktive" Tätigkeiten erzielt worden sind[2]. Um solche Gewinne handelt es sich bei den vom Kläger erzielten Erträgen. Es liegt eine atypisch stille Beteiligung an der A-AG vor, die nach deutschem ESt-Recht zu Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb führt.

Der Gewinnanteil des Klägers aus der atypisch stillen Beteiligung unterliegt aus abkommensrechtlicher Sicht der Regelung in Art. 7 DBA-Schweiz. Er ist einer Schweizer Betriebstätte des vom Kläger betriebenen Unternehmens zuzuordnen und darf deshalb gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz in der Schweiz besteuert werden. Der Begriff des "Unternehmensgewinns", auf den sich Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz bezieht, ist im DBA selbst nicht definiert. Art. 7 Abs. 7 DBA-Schweiz bestimmt jedoch, dass Art. 7 auch für Einkünfte aus einer Personengesellschaft gilt. Zu den Personengesellschaften im abkommensrechtlichen Sinne zählt u. a. die atypisch stille Gesellschaft[3]. Demgemäß unterfallen Gewinnanteile aus einer atypisch stillen Beteiligung immer dann dem Anwendungsbereich des Art. 7 DBA-Schweiz, wenn sich die Beteiligung auf ein Unternehmen bezieht, das seinerseits Unternehmensgewinne i. S. des Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz erzielt. Davon kann aufgrund der Feststellungen des FG bei der A-AG ausgegangen werden. Hieraus folgt, dass es sich bei den Beteiligungserträgen des Klägers - in der Terminologie des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz - um Gewinne i. S. des Art. 7 handelt. Der Gewinnanteil des Klägers kann, wie Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz weiter verlangt, in der Schweiz besteuert werden. Das Besteuerungsrecht der Schweiz ergibt sich aus Art. 7 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz, da die atypisch stille Beteiligung des Klägers an dem Unternehmen der A-AG eine Betriebstätte des Klägers in der Schweiz begründet und der Beteiligungsertrag dieser Betriebstätte zuzurechnen ist. Eine abweichende Beurteilung der abkommensrechtlichen Lage ergibt sich nicht aus Art. 7 Abs. 8 DBA-Schweiz.

Im Ergebnis ist hiernach der Gewinn des Klägers aus der atypisch stillen Beteiligung einerseits Unternehmensgewinn i. S. des Art. 7 DBA-Schweiz und andererseits wegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz dem Besteuerungsrecht der Schweiz unterworfen. Hieraus ergibt sich für die deutsche Besteuerung die Rechtsfolge des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn und soweit der Gewinn nicht aus einer der in der Vorschrift genannten ("aktiven") Tätigkeiten resultieren sollte; derartiges ist aber weder vom FG festgestellt noch vom Finanzamt geltend gemacht worden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 21.7.1999-I R 110/98

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