Ausgangslage

In der oberbayerischen Gemeinde Lengries befindet sich ein 20 ha großes Kasernengelände, das die Bundeswehr schon 2003 aufgegeben hat. Teile des Kasernengeländes wurden in der Folgezeit von einem Privatinvestor erworben, der verschiedene Nutzungen, u. a. Wohnnutzungen, anstrebte. Die Gemeinde war mit diesen Nutzungsabsichten nicht einverstanden und hat 2014 für einen 3,5 ha großen Teilbereich einen Bebauungsplan Gewerbegebiet aufgestellt. Der Privatinvestor war hiermit nicht einverstanden und griff den Bebauungsplan mit einem Normenkontrollantrag an, in dem er u. a. argumentierte, die fragliche Fläche sei Innenbereich, der Bebauungsplan greife daher in seine Baurechte ein.

Kein Innenbereich nach § 34 BauGB

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts standen dem Privatinvestor keine Baurechte aus § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch zu. Das Gericht verneinte das Vorliegen eines "im Zusammenhang bebauten Ortsteils". Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB sei nur ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Das Vorliegen einer solchen organischen Siedlungsstruktur verneinte aber das Gericht bei dem ehemaligen Kasernengelände. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung (wie hier die militärische Nutzung) verliert nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ihre prägende Kraft und kann nicht mehr den für § 34 Abs. 1 BauGB erforderlichen Rahmen bilden. Nach der Aufgabe der militärischen Nutzung fehlt hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung eine Siedlungsstruktur, welche mit der künftigen Bebauung im Sinne der Rechtsprechung "fortentwickelt" werden könne und die als Planersatz geeignet gewesen wäre, die künftige Bebauung zu lenken.

Fazit

Dieses Urteil ist für die zahlreichen Fälle der Konversion ehemaliger militärischer Liegenschaften von erheblicher Bedeutung. Es macht klar, dass in den meisten dieser Fälle kein unverplanter Innenbereich im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB vorliegt. Die Gemeinden haben in diesen Fällen eine relativ freie Hand für eine neue Bauleitplanung. Offen gelassen hat das Gericht, ob die Fälle anders zu bewerten sind, in denen eine militärische Nutzung ähnlich einer zivilen Nutzung erfolgt ist, wie dies für die sog. "housing areas" der alliierten Streitkräfte der Fall war.

(BVerwG, Urteil v. 23.11.2016, 4 CN 2.16)

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