Leitsätze (amtlich)

  1. Die Rechtsprechung des Senats, wonach eine Grundstücksschenkung ausgeführt ist, sobald die Auflassung beurkundet und die Eintragungsbewilligung erteilt ist, hat zur Voraussetzung, dass die Umschreibung nachfolgt.
  2. Unterbleibt die Umschreibung, weil die Schenkungsabrede zuvor aufgehoben wird, liegt in der Aufhebung weder eine Rückschenkung des Grundstücks noch eine anderweitige Zuwendung seitens des ursprünglich Bedachten.
 

Sachverhalt

Mit notariellem Vertrag vom 18.4.1996 verpflichtete sich der Kläger, seiner Tochter ein Grundstück schenkweise zu übertragen. Das Grundstück wurde mit dem Tag der Beurkundung übergeben und zugleich die Auflassung erklärt. Noch bevor die bereits beantragte Umschreibung erfolgen konnte, hoben die Parteien den Vertrag durch privatschriftliche Erklärung vom 5.6.1996 wieder auf. Den Antrag auf Umschreibung des Grundstücks nahmen sie zurück. Das Finanzamt sah darin eine Rückschenkung seitens der Tochter an den Kläger und setzte gegen den Kläger SchenkSt fest. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Mit der Aufhebung des Vertrages vom 18.4.1996 hat die Tochter keine freigebige Zuwendung des Grundstücks an den Kläger bewirkt. Das Grundstück scheidet als Gegenstand einer Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aus, weil es dem Kläger bei Vertragsaufhebung noch gehörte. Daran vermag die Rechtsprechung des Senats zum Zeitpunkt der Ausführung einer Grundstücksschenkung[1] nichts zu ändern. Gemäß dieser Rechtsprechung ist eine Grundstücksschenkung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt, wenn die Auflassung[2] beurkundet worden ist und der Schenker die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligt hat[3]. Diese Vorverlegung des Ausführungszeitpunkts einer Grundstücksschenkung vor den Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch[4] ist im Hinblick darauf geschehen, dass der Schenker damit alles zur Bewirkung der Leistung Erforderliche getan hat.

Die Rechtsprechung hat aber zur Voraussetzung, dass die Umschreibung im Grundbuch und damit der Eigentumswechsel auf den Beschenkten oder gegebenenfalls dessen Erben nachfolgt oder nur deshalb unterbleibt, weil der Beschenkte bzw. dessen Erbe die unmittelbare Umschreibung vom Schenker auf einen Dritten - etwa nach Abtretung des Verschaffungsanspruchs oder Übertragung des Anwartschaftsrechts - veranlasst hat. Bezüglich eines solchermaßen zivilrechtlich abgeschlossenen auf den Eigentumsübergang gerichteten Vorgangs sollte ein unter dem Gesichtspunkt der §§ 11, 14 oder 37 ErbStG sinnvoller Ausführungszeitpunkt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bestimmt, nicht aber im Falle eines letztlich nicht zustande gekommenen Eigentumsübergangs auf den Beschenkten, dessen Erben oder - durch diese veranlasst - auf einen Dritten, und damit bei einem Verbleib des Grundstücks im Vermögen des ursprünglichen Eigentümers, durch Vorverlegung des Ausführungszeitpunkts eine Grundstücksschenkung fingiert werden. Der Schenker hat zwar mit der Auflassung und Eintragungsbewilligung alles für die Leistung, nämlich die Eigentumsverschaffung, Erforderliche getan; dennoch steht der Leistungserfolg bis zur Eigentumsumschreibung noch aus. Daraus folgt, dass das Grundgeschäft bis zur Eigentumsumschreibung auf den Beschenkten oder auf dessen Erben oder -veranlasst durch diese - auf einen Dritten noch aufgehoben werden kann, ohne dass die Aufhebung eine Grundstücksschenkung des ursprünglich Beschenkten an den Grundstückseigentümer bewirkt.

Das Anwartschaftsrecht, auf das die Tochter im Wege der Vertragsaufhebung verzichtet hat, scheidet als Gegenstand einer Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gegenüber dem Kläger als dem Inhaber des Vollrechts aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 24.7.2002 – II R 33/01

[1] Vgl. BFH-Urteil vom 26.9.1990, IIR 150/88, BStBl II1991, S. 320 = INF 1991, S. 263
[2] Vgl. § 925 BGB
[3] Vgl. § 19 GBO

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?