Leitsatz

Die Aufhebung von § 36 UStDV 1993 durch Art. 8 Nr. 1 StEntlG 1999/2000/2002 mit Wirkung ab 1. April 1999 und die damit verbundene Abschaffung des pauschalen Vorsteuerabzugs aus Reisekosten steht nicht in Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht.

 

Problematik

Die Sache galt als "Musterprozess" dazu, ob über den 31.3.1999 hinaus der Vorsteuerabzug aus Reisekosten nach Pauschbeträgen entsprechend den seit 1.4.1999 aufgehobenen Vorschriften des § 36 Abs. 1 und Abs. 3 UStDV 1993 in Anspruch genommen werden kann.

Ein Ingenieur machte für 1999 Vorsteuerbeträge geltend, die in Höhe von 1.876,85 DM auf nach dem 1.4.1999 entstandene Reisekosten entfielen. Das Finanzamt erkannte diesen Betrag nicht an.

Nach erfolgloser Klage machte der Ingenieur mit der Revision geltend, die ersatzlose Aufhebung der §§ 36 bis 39 UStDV 1993 verstoße gegen Art. 17 Abs. 2 und Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie. Aus der Bestimmung ergebe sich, dass eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs nach In-Kraft-Treten der Richtlinie nicht zulässig sei.

 

Entscheidung des BFH

Durch § 15 Abs. 5 Nr. 4 UStG 1980/1993 hatte der Gesetzgeber zwar von einer nach Art. 27 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie für den Vorsteuerabzug aus Reisekosten (ab 1.1.1978) genehmigten Sondermaßnahme Gebrauch gemacht. Ein abweichend von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 (Art. 17 Abs. 1, 2 der 6. EG-Richtlinie) zugelassener Vorsteuerabzug darf nachträglich eingeschränkt werden, um den Zielen der Richtlinie näher zu kommen; er darf aber nicht erweitert werden.

Die Einschränkungen des Vorsteuerabzugs durch Aufhebung der §§ 36 bis 38 UStDV 1993 (Art. 8 Nr. 1 StEntlG 1999/2000/2002) durch den Gesetzgeber sind richtliniengemäß, weil das Gemeinschaftsrecht einen Vorsteuerabzug ohne Rechnung nicht zulässt.

Die Aufhebung der Sondermaßnahme durch das StEntlG 1999/2000/ 2002 verstößt deshalb auch nicht gegen die sog. Stillhalteklausel des Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie.

Hinsichtlich des pauschalen Vorsteuerabzugs aus Kosten, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ersetzt, hat der Senat bereits im Urteil vom 3.4.2003[1] ausgeführt, dass die Einschränkung des Vorsteuerabzugs durch die Aufhebung der §§ 36 bis 38 UStDV richtliniengemäß sei, weil das Gemeinschaftsrecht einen derartigen Vorsteuerabzug nicht kenne. Entsprechendes gilt für den pauschalen Vorsteuerabzug aus den dem Unternehmer selbst entstandenen Reisekosten.

 

Konsequenzen für die Praxis

Mit der Entscheidung ist geklärt, dass die an sich praktikablen, aber nicht nach der 6. EG-Richtlinie vorgesehenen Vorsteuerpauschalierungen - ohne Rechnung - nicht mehr gelten. Unternehmer müssen für den Vorsteuerabzug aus angefallenen Reisekosten Belege vorlegen (soweit keine Kleinbeträge oder Fahrausweise vorliegen, §§ 33, 34 UStDV, mit Steuerausweis).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 7.7.2005, V R 4/03, BFH/NV 2005 S. 2137.

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