Außer Spesen nichts gewesen
Die Kläger fordern von der beklagten Gemeinde Schadensersatz nach dem Scheitern von Vertragsverhandlungen über den Erwerb eines Grundstücks. Sie hatten seit 2003 Interesse an der Errichtung eines neuen Betriebsgebäudes auf dem im Eigentum der Kommune stehenden Grundstück, das sich – wie den Klägern bekannt war – in einem Wasserschutzgebiet und teilweise auf dem Gelände einer verfüllten Kiesgrube befindet. Im Jahr 2007 führten die Kläger zum Zwecke der Baugrunduntersuchung Probebohrungen durch. Es zeichneten sich Mehrkosten für eine Pfahlgründung i. H. v. 140.000 EUR ab. Zudem war nicht auszuschließen, dass das Erdreich mit Bauschutt belastet ist.
Daraufhin nahmen die Kläger im Frühjahr 2011 vom Erwerb des Grundstücks Abstand und verklagten die Gemeinde wegen der nutzlosen Planungsaufwendungen auf Schadensersatz in Höhe von rund 102.000 EUR.
Doch auch das OLG Bamberg wie schon das Landgericht ließ die Kläger "abblitzen", da die Gemeinde eine vorvertragliche Aufklärungspflicht (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB) nicht verletzt habe.
"Informationsgefälle"?
Eine generelle Aufklärungspflicht der künftigen Vertragsparteien untereinander ist dem deutschen Recht fremd: Es ist vielmehr ureigenste Pflicht jeder Partei, sich über die Umstände, die für ihre Vertragsentscheidung von Bedeutung sind, Klarheit zu verschaffen. Eine Aufklärungspflicht einer Partei der anderen gegenüber kommt daher ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass der künftige Vertragspartner nicht ausreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH, NJW 1997 S. 3230). Erforderlich ist daher, dass die besonderen Umstände allein der einen Partei bekannt sind und sie gleichzeitig weiß oder jedenfalls wissen muss, dass diese den Vertragszweck gefährden und für die Entscheidung der anderen Partei von wesentlicher Bedeutung sein können. Eine zentrale Rolle spiele hierbei das Ausmaß des Informationsgefälles.
Bezogen auf den konkreten Fall stellte das Gericht grundsätzlich klar:
Haftung der Gemeinde
Verkauft eine Gemeinde ein Grundstück, so kann ihr ein typischerweise aktenmäßig registrierter Altlastenverdacht nach den Grundsätzen über eine Wissenszurechnung bei arbeitsteilig organisierten juristischen Personen oder Körperschaften öffentlichen Rechts zugerechnet werden. Eine solche Zurechnung setzt jedoch voraus, dass ein konkreter Anlass besteht, sich dieses Wissen zu beschaffen.
Neugier genügt
Stellt ein Kaufinteressent trotz eines ihm bekannten Altlastenverdachts (hier: mögliche Verfüllung mit Bauschutt) keine Nachfragen über die konkrete Beschaffenheit des Bodens, so besteht jedenfalls so lange keine Nachforschungspflicht der Gemeinde, als die Gespräche das Stadium konkreter Vertragsverhandlungen noch nicht erreicht haben.
(OLG Bamberg, Urteil v. 18.1.2016, 4 U 160/14, NJW-RR 2016 S. 1299)