Rz. 1074
Im Rahmen des "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" ist als Teil dieses umfassenden Schutzpakets unter anderem der Artikel 1, und zwar als "Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz" (COVInsAG)) in Kraft getreten. Das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz gilt bereits seit dem 1.3.2020. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieses Buches (31.10.2020) war das Gesetz bereits mit Wirkung ab 1.10.2020 geändert.
Rz. 1075
Aufgrund des Gesetzes erfolgte
- eine befristete Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (§ 1),
- eine Regelung zu den Folgen der Aussetzung (§ 2),
- eine Suspendierung des Rechts des Gläubigers auf Beantragung des Insolvenzverfahrens (§ 3) und
- eine Verordnungsermächtigung für die Möglichkeit der Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und der Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen (§ 4).
Rz. 1076
Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO bis zum 30.9.2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARSCoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen (§ 1 COVInsAG).
Rz. 1077
In der Begründung zum Gesetzentwurf wurde ausgeführt, dass die Vorschrift die straf- und haftungsbewehrte Insolvenzantragspflicht der Geschäftsleiter haftungsbeschränkter Unternehmensträger (§ 15a InsO) sowie die haftungsbewehrte Antragspflicht der Vorstände von Vereinen (§ 42 Absatz 2 BGB) und anderen Rechtsträgern (zum Beispiel Stiftungen), für die § 42 Abs. 2 BGB entsprechend anwendbar ist, für einen vorübergehenden Zeitraum bis zum 30.9.2020 aussetzt. Auf diese Weise erhalten die Unternehmen Gelegenheit, die Insolvenz, insbesondere unter Inanspruchnahme der bereitzustellenden staatlichen Hilfen, ggf. aber auch im Zuge von Sanierungsoder Finanzierungsvereinbarungen, zu beseitigen. Die Aussetzung gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.
Rz. 1078
Da allerdings unklar sein kann, ob die Insolvenz auf den Auswirkungen der COVID- 19-Pandemie beruht oder nicht und sich bei den bestehenden Unsicherheiten auch schwer Prognosen treffen lassen, sollen laut Gesetzentwurf die Antragspflichtigen weitergehend durch die Vermutung entlastet werden, dass bei bestehender Zahlungsfähigkeit am 31.12.2019 davon auszugehen ist, dass die spätere Insolvenzreife auf der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Damit soll gewährleistet werden, dass die derzeit bestehenden Unsicherheiten und Schwierigkeiten hinsichtlich des Nachweises der Kausalität und der Prognostizierbarkeit der weiteren Entwicklungen in keiner Weise zulasten des Antragspflichtigen geht. Zwar ist die Vermutung widerleglich, allerdings kann angesichts des Zwecks der Vermutung, den Antragspflichtigen von den Nachweis- und Prognoseschwierigkeiten effektiv zu entlasten, eine Widerlegung nur in solchen Fällen in Betracht kommen, bei denen kein Zweifel daran bestehen kann, dass die COVID-19-Pandemie nicht ursächlich für die Insolvenzreife war und dass die Beseitigung einer eingetretenen Insolvenzreife nicht gelingen konnte. Es sind insoweit höchste Anforderungen zu stellen. Die Vermutungsregelung in Satz 3 ändert im Übrigen nichts an der Beweislast. Auch wenn der Schuldner zum 31.12.2019 zahlungsunfähig war, bleibt es dabei, dass das Nichtberuhen der Insolvenzreife auf den Folgen der COVID-19-Pandemie oder das Fehlen von Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit von demjenigen zu beweisen ist, der sich darauf beruft, dass eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht vorliegt.
Rz. 1079
Folgen der Aussetzung
Hinsichtlich der Folgen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gemäß § 1 sieht das Gesetz Folgendes vor (§ 2 Abs. 1 COVInsAG):
Soweit nach § 1 die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist,
- gelten Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 64 Satz 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vereinbar;
- gilt die bis zum 30.9.2023 erfolgende Rückgewähr eines im ...