Rz. 619
Das GmbH-Gesetz enthält Vorschriften und Rechtsgrundsätze, deren Geltung auch durch gesellschaftsvertragliche Regelungen für einen fakultativen Aufsichtsrat nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden darf. Dazu gehören:
- einzelne Vorschriften des GmbH-Gesetzes,
- zwingende Kompetenzzuweisungen an den Aufsichtsrat,
- Mindestkompetenzen des Aufsichtsrats.
Rz. 620
Einzelne Vorschriften des GmbH-Gesetzes
Zu den Vorschriften des GmbH-Gesetzes, die auch für den fakultativen Aufsichtsrat zu beachten sind, gehören
Hinzu kommen folgende Regelungen bzw. Strafvorschriften:
- § 29 Abs. 4 GmbHG (Zustimmung des Aufsichtsrats – oder der Gesellschafter – bei der Einstellung des Eigenkapitalanteils von Wertaufholungen bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens in Gewinnrücklagen; aber dispositiv),
- § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG (Falschangaben über die Vermögenslage),
- § 85 Abs. 1 GmbHG (Verletzung der Geheimhaltungspflicht).
Rz. 621
Zwingende Kompetenzzuweisungen
Trotz weitreichender Gestaltungsmöglichkeiten im Gesellschaftsvertrag sind auch im Fall eines fakultativen Aufsichtsrats die zwingenden Kompetenzzuweisungen des GmbH-Rechts zu beachten. So muss vor allem die den Geschäftsführern zugewiesene organschaftliche Vertretung der Gesellschaft dort verbleiben. Zu den der Geschäftsführung unentziehbar zugeordneten Eigenkompetenzen gehört unter anderem auch die Aufgabe der Buchführung und der Aufstellung des Jahresabschlusses. Zu den Kompetenzen, die zwingend in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung gehören, zählen die Änderung des Gesellschaftsvertrags und (zumindest als Nebenkompetenz) die Abberufung der Geschäftsführer aus wichtigem Grund.
Rz. 622
Mindestkompetenzen des Aufsichtsrats
Auch im Fall der Schaffung eines fakultativen Aufsichtsrats ist es erforderlich, dass ein solches freiwilliges Organ über unentziehbare Mindestkompetenzen verfügt. Die Kontrollfunktion kommt auch dem fakultativen Aufsichtsrat zu; der BGH hat in der Begründung der sog. "Doberlug-Entscheidung" zumindest darauf hingewiesen, dass der fakultative Aufsichtsrat für die Gesellschafterversammlung "Teilaufgaben der Überwachung der Geschäftsführer übernimmt". Umstritten ist, ob durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag eine (strikte) Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder an Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zulässig ist. Dagegen darf dem (fakultativen) Aufsichtsrat – neben oder anstelle – der Gesellschafterversammlung durch Gesellschaftsvertrag das Recht zu Weisungen an die Geschäftsführung übertragen werden.
Rz. 623
Unabhängig von den oben genannten Grenzen der Satzungsautonomie ist eine Abschaffung des fakultativen Aufsichtsrats durch eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags möglich. Dafür ist weder ein wichtiger Grund noch die Zustimmung aller Gesellschafter notwendig. Es genügt vielmehr die erforderliche Mehrheit nach dem Gesetz (§ 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG) oder dem Gesellschaftsvertrag.