Leitsatz

Ist ein erworbenes Zweifamilienhaus-Grundstück in zwei eigenständige Wirtschaftsgüter bildende Gebäudeteile (fremdvermietete Wohnung sowie einem Wohnungsberechtigten überlassene Wohnung) aufzuteilen, so ist die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich – auch in Fällen der gemischten Schenkung – der Besteuerung zugrunde zu legen.

 

Sachverhalt

Mit notariellem "Kauf- und Übergabevertrag" übertrugen Eltern ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück auf ihre Tochter A. Laut Vertrag wurde die an einen Dritten vermietete, 75 qm große Dachgeschosswohnung für 160000 DM verkauft. Für die 144 qm große Erdgeschosswohnung wurden folgen-de "Gegenleistungen" vereinbart: lebenslängliches dingliches Wohnrecht der Eltern, Wart und Pflege in gesunden und kranken Tagen, Pflege der künftigen Gräber der Eltern sowie Zahlung von 40000 DM zur Gleichstellung an die Schwester der A, die von ihren Eltern ebenfalls 40000 DM erhielt – insgesamt gegen Verzicht auf etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche. A ordnete den Kaufpreis von 160000 DM im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1998 der Dachgeschosswohnung einschließlich Anteil am Grund und Boden zu und nahm eine entsprechende Abschreibung vor. Das Finanzamt verteilte den Kaufpreis hingegen auf beide Wohnungen einschließlich Grund und Boden und berücksichtigte einen geringeren Abschreibungsbetrag. Das FG gab der Klage statt; die Revision des Finanzamts blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Das Zweifamilienhaus umfasst zwei Wirtschaftsgüter, die fremdvermietete Dachgeschosswohnung und die von den Eltern genutzte Erdgeschosswohnung[1]. Auf dieser Basis ist die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen[2]; auch bei einer gemischten Schenkung[3]. Dies gilt auch, wenn kein Gesamtkaufpreis, sondern von vornherein Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter bzw. bestimmte Leistungen vereinbart werden.

Nach diesen Grundsätzen sind entsprechend den Vereinbarungen der Vertragsparteien der Dachgeschosswohnung 160000 DM als Anschaffungskosten zuzuordnen. Eine steuerrechtliche Korrektur dieser Zuordnung kommt nicht in Betracht. Es ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass die Vereinbarung zwischen A und ihren Eltern hinsichtlich Höhe und Zuordnung des Kaufpreises nur zum Schein getroffen sein könnte und der "Kauf- und Übergabevertrag" deshalb insoweit als Scheingeschäft i.S. des § 41 Abs. 2 AO nicht zu berücksichtigen ist[4]. Die Gestaltung ist auch nicht unangemessen i.S. des § 42 AO. Insbesondere steht es dem Eigentümer einer Immobilie frei, diese ohne jede Auflage oder Einschränkung entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen[5] und entsprechend Preise für die Übertragung insgesamt oder für steuerrechtlich eigenständige Gebäudeteile in Übereinstimmung mit dem Erwerber festzulegen. Anhaltspunkte dafür, dass der vereinbarte Kaufpreis nicht dem Verkehrswert der Dachgeschosswohnung entspricht, bestanden im Streitfall nicht.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung ist nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt worden – wohl zu Recht. Denn sie macht die Konsequenzen eines gemischt genutzten Grundstücks als Zusammenfassung unterschiedlicher Wirtschaftsgüter transparent. Für jedes Wirtschaftsgut kann nicht nur ein gesonderter Kaufpreis ausgewiesen werden, für jedes Wirtschaftsgut ist auch zu entscheiden, ob es entgeltlich, teilentgeltlich oder gar unentgeltlich übertragen worden ist. Hierin allein liegt keine missbräuchliche Gestaltung.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.7.2004, IX R 54/02

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