Leitsatz
- Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung stellen vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dar.
- Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins führen demgegenüber regelmäßig nicht zu Werbungskosten.
Sachverhalt
Eine 1971 geborene Flugbegleiterin übte ihren Beruf von April 1994 bis August 1996 als Angestellte und von September 1996 bis August 1997 als freie Mitarbeiterin aus. Im Februar 1996 erwarb sie nach zweimonatiger Schulung in den USA den Privatflugzeugführerschein (PPL), dessen Kosten (11410 DM) sie getragen hat. Aufgrund eines Lehrgangs ab September 1996 erhielt sie im Oktober 1997 die Berufsflugzeugführerlizenz (CPL), anschließend die Flugberechtigung für Flugzeuge des Typs Boeing 737. Im Januar 1998 wurde ihr der Verkehrsflugzeugführerschein (ATPL) erteilt. Seit März 1998 ist sie als Co-Pilotin bei einer Fluggesellschaft tätig. Die Schulungskosten der Streitjahre 1996 (35556 DM einschließlich derjenigen für den PPL) und 1997 (78061 DM) machte sie als vorab entstandene Werbungskosten geltend. Hiervon berücksichtigte das Finanzamt pro Jahr lediglich 2400 DM gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben, was zu einer Einkommensteuer von 2883 DM (1996) bzw. 0 DM (1997) führte. Außerdem lehnte das Finanzamt die Feststellung eines vortragsfähigen Verlusts ab. Die hiergegen erhobenen Klage hatte keinen Erfolg. Auf die noch verbliebene Revision zur Einkommensteuer 1996 und zur Verlustfeststellung auf den 31.12.1997 verwies der BFH die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Aufgrund der neueren Rechtsprechung des BFH konnten auch Aufwendungen für einen erstmaligen oder weiteren Beruf vorab entstandene Werbungskosten sein, wenn sie darauf gerichtet waren, Erwerbseinnahmen zu erzielen. Diese Voraussetzung hat der BFH hinsichtlich der Aufwendungen für den Verkehrsflugzeugführerschein einschließlich Musterberechtigung bejaht, weil die Schulung die Klägerin konkret und gezielt auf eine Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführerin vorbereitete, welche sie alsbald nach Bestehen der Prüfung aufnahm. Dagegen wurde der Abzug der Aufwendungen für den Erwerb einer PPL abgelehnt, da insoweit regelmäßig die private Lebensführung mitbetroffen und das Erzielen von Erwerbseinnahmen nur begrenzt möglich ist, z.B. durch das Schleppen von Gegenständen hinter Flugzeugen und die Ausbildung von Privatflugzeugführern. Der Erwerb der PPL ist auch keine notwendige Vorstufe für den Erwerb der ATPL. Hinsichtlich der danach zusätzlich noch abziehbaren bzw. vortragsfähigen Aufwendungen hat das FG noch Feststellungen zu treffen.
Praxishinweis
Die Entscheidung wurde auf Bitte der Finanzverwaltung im Hinblick auf den Privatflugzeugführerschein nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt. Zwischenzeitlich wurde – ebenfalls auf Betreiben der Verwaltung – rückwirkend ab 2004 durch den neuen § 12 Nr. 5 EStG ein Abzugsverbot für Erwerbsaufwendungen eingeführt, die bei einer erstmaligen Berufsausbildung und einem Erststudium entstehen, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Pilotin im Besprechungsurteil wäre auch jetzt nicht betroffen, weil sie bereits eine Erstausbildung zur Flugbegleiterin absolviert hatte. Dagegen wären die Aufwendungen für die Ausbildung zur Berufspilotin nur beschränkt als Sonderausgaben abzuziehen, wenn die Ausbildung direkt nach dem Abitur aufgenommen würde. Ob dies im Hinblick auf Art. 3 GG als sachgerecht anzusehen ist, darf bezweifelt werden. Möglicherweise behilft sich die Rechtsprechung einstweilen damit, dass sie die Anforderungen an die Erstausbildung als Türöffner für den Werbungskostenabzug möglichst niedrig ansetzt und die Praxis damit, dass sie solche Ausbildungen in den Rahmen von Dienstverhältnissen verlegt und sich die Kosten über Annuitätsdarlehen oder über Erstattungsverpflichtungen für den Fall der Beschäftigung bei der Konkurrenz zurückholt.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 27.5.2003, VI R 85/02