Das steht im Urteil
- Aufwendungen zur Beseitigung unzumutbarer Beeinträchtigungen, die von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehen, können aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig i.S.d. § 33 Abs. 2 EStG entstehen.
- Die Unzumutbarkeit ist anhand objektiver Kriterien zu bestimmen. Handelt es sich um Geruchsbelästigungen, ist das Überschreiten von objektiv feststellbaren Geruchsschwellen erforderlich.
- Ein die Außergewöhnlichkeit von Aufwendungen ausschließender Baumangel liegt auch dann nicht vor, wenn der Einsatz mittlerweile verbotener schadstoffhaltiger Materialien noch zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes erlaubt war und das Gebäude später veräußert wird.
- Der Umstand, dass ein vor Durchführung der Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsmaßnahmen erstelltes amtliches technisches Gutachten nicht vorliegt, steht dem Abzug der durch unabwendbare Ereignisse veranlassten Aufwendungen nicht entgegen. Gleichwohl hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass er sich den Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte.
- Allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB V (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011) liegen bei dem Umbau eines Hauses oder Umgestaltungen des Wohnumfeldes nicht vor.
Der Sachverhalt
K erwarb 2000 ein 1973 errichtetes Fertighaus, dessen Holz mit einem damals zugelassenen Schutzmittel imprägniert war. Außenfassade und Dämmung bestanden u.a. aus asbest- und aus formaldehydhaltigem Material. K´s 2003 geborene Tochter T ist seit 2006 wegen einer Atemwegserkrankung regelmäßig in Behandlung. Im Streitjahr 2008 wurde die Fassade saniert. Die Kosten machte K nach § 33 EStG geltend und stützte sich u.a. auf eine fachärztliche Bescheinigung, wonach die Sanierung wegen der Erkrankung der T notwendig gewesen sei. Das FG wies die Klage mangels Nachweis konkret zu befürchtender Gesundheitsschäden ab. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.
Die Entscheidung des BFH
§ 33 Abs. 1 EStG berücksichtigt zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf, grenzt davon aber übliche Lebensführungskosten aus, die durch den Grundfreibetrag abgegolten sind. Daher können Aufwendungen in Zusammenhang mit Gegenständen des existenznotwendigen Bedarfs außergewöhnliche Belastungen sein, insbesondere, wenn davon konkrete Gesundheitsgefährdungen ausgehen.
Eine Geruchsbelästigung muss objektiv feststellbar sein, um deren Unzumutbarkeit feststellen zu können. Es gilt der objektive Maßstab, nicht die subjektive Einschätzung der Beteiligten. Weiter gilt, dass den Grundstückseigentümer kein Verschulden treffen darf, die Belastung nicht erkennbar gewesen sein darf und keine realisierbaren Ersatzansprüche gegen Dritte bestehen. Schließlich sind solche Aufwendungen abzugrenzen von den Kosten für die Beseitigung üblicher Baumängel. Solche liegen nicht vor, wenn im Errichtungszeitpunkt nicht verbotene Materialien verwendet wurden.
Den Steuerpflichtigen trifft die Nachweispflicht, dass er sich diesen Aufwendungen nicht hatte entziehen können. Ein zuvor erstelltes amtliches Gutachten ist dazu nicht erforderlich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 29.3.2012, VI R 21/11