Das steht im Urteil
Aufwendungen für Seminare zur Persönlichkeitsentfaltung sind beruflich veranlasst, wenn die Veranstaltungen primär auf die Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet sind.
Der Sachverhalt
Die Entscheidung betrifft die Abgrenzung von Werbungskosten und nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung bei Bildungsaufwendungen. Im Streitfall ging es um ein Ehepaar (A und B), das im Streitjahr 2000 an Seminarkursen teilgenommen hatte. A, der als interner Revisor bei einem Unternehmen beschäftigt war, hatte an "Blockseminaren Supervision" im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung teilgenommen. Zu den Seminarteilnehmern gehörten Führungskräfte aus verschiedenen Berufsgruppen. Dabei wurden u.a. Probleme bei der Ausübung des Berufs und der Führungsaufgaben besprochen und Erkenntnisse in konkrete Handlungsstrategien umgesetzt. B – eine approbierte Apothekerin – war als Vertreterin verschiedener Apothekenleiter und -inhaber tätig. Sie hatte im Streitjahr ebenfalls "Blockseminare Supervision" im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung besucht. Die von ihr im Streitjahr besuchten Veranstaltungen dienten im Wesentlichen der Vermittlung von Grundlagenwissen. Hierzu wurden zunächst verschiedene psychologische Theorien und die dahinter stehenden Menschenbilder gelehrt sowie verschiedene Wirtschaftstheorien dargestellt. Vor diesem Hintergrund wurden unterschiedliche Führungstechniken für Mitarbeiter entwickelt. Anschließend wurde die Theorie der Supervision unterrichtet.
Die Aufwendungen für die Teilnahme an den Seminaren machten A und B zunächst vergeblich als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht waren der Ansicht, für den Besuch der Seminare hätten private Gesichtspunkte eine nicht ganz untergeordnete Rolle gespielt. Denn in den von A und B besuchten Seminaren sei in nicht unerheblichem Umfang Allgemeinwissen vermittelt worden. Der Abzug der Aufwendungen für die Seminare scheitere ferner daran, dass der Teilnehmerkreis nicht homogen gewesen sei.
Die Meinung des BFH
Der BFH ist dieser Ansicht nicht gefolgt. Er geht davon aus, dass auch Bildungsaufwendungen als Werbungskosten zu beurteilen sein können. Ob sie aus beruflichem Anlass getätigt werden oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) handelt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Aufwendungen für einen Lehrgang, der die Persönlichkeitsentfaltung zum Gegenstand hat, sind beruflich veranlasst, wenn der Lehrgang primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet ist. Dabei ist in die Beurteilung des Lehrgangs der gesamte Lehrinhalt einzubeziehen. Werden sowohl Grundlagenwissen als auch berufsbezogenes Spezialwissen vermittelt, können die Aufwendungen hierfür in vollem Umfang als Werbungskosten anzuerkennen sein, wenn der Erwerb des Grundlagenwissens die Vorstufe zum Erwerb des berufsbezogenen Spezialwissens bildet. Für eine berufliche Veranlassung derartiger Lehrgänge spricht insbesondere, dass sie von einem berufsmäßigen Veranstalter durchgeführt werden, ein homogener Teilnehmerkreis vorliegt und der Erwerb der Kenntnisse und Fähigkeiten auf eine anschließende Verwendung in der beruflichen Tätigkeit angelegt ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 28.8.2008, VI R 35/05