Leitsatz
Aufwendungen eines Freiberuflers für eine sog. unechte doppelte Haushaltsführung sind jedenfalls gemäß §52 Abs.12 EStG i.d.F. des StÄndG2003 – unter den dort genannten Voraussetzungen auch für Jahre vor 2003 – nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Sachverhalt
Die Klägerin begründete nach Beendigung ihres Studiums im August 1997 in X einen eigenen Haushalt. Dafür wandte sie im Streitjahr 1998 einen Betrag von 11244DM auf. Sie wohnte außerdem in Y bei ihrer Mutter. Seit 1992, also bereits während des Studiums, war sie für eine Rundfunkanstalt in X tätig und setzte diese Tätigkeit im Streitjahr als freie Mitarbeiterin fort. Sie erhielt jeweils einzelne Aufgaben zugewiesen, für die sie bezahlt wurde, im Streitjahr mit insgesamt 63874,42DM. Das Finanzamt erkannte die von der Klägerin geltend gemachten Mietkosten für die Wohnung in X nicht als Betriebsausgaben an. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Entscheidung
Die Klägerin kann keine Kosten für eine sog. echte doppelte Haushaltsführung als Betriebsausgaben geltend machen, weil sie – unstreitig – in Y keinen eigenen Hausstand i.S. des §9 Abs.1 Satz3 Nr.5 Satz2 EStG unterhalten hat. Ebenso wenig kommt ein Abzug von Wohnungskosten nach den Grundsätzen zur sog. unechten doppelten Haushaltsführung in Betracht. Eine solche hat der BFH angenommen, wenn der ledige Steuerpflichtige in einem Zimmer bei seinen Eltern noch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte, ihm aber wegen einer nur kurzfristigen auswärtigen Beschäftigung Aufwendungen für die dort unterhaltene Wohnung entstanden sind. Voraussetzung war freilich, dass der Steuerpflichtige nach der Beendigung der auswärtigen Tätigkeit wieder in die alte Wohnung zurückkehren würde; denn nur dann war die Aufgabe des bisherigen Lebensmittelpunkts nicht zumutbar, selbst wenn der Steuerpflichtige für das Zimmer bei seinen Eltern nichts aufzuwenden hatte. Im Anschluss daran ließ die Finanzverwaltung eine "unechte" doppelte Haushaltsführung unter bestimmten Voraussetzungen auch bei vergleichbaren Steuerpflichtigen mit betrieblichen Gewinneinkünften zu. Inzwischen hat der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für eine betrieblich veranlasste unechte doppelte Haushaltsführung durch Art.1 Nr.34 des StÄndG2003 für noch offene Veranlagungen auch mit Wirkung für die Vergangenheit ausdrücklich ausgeschlossen. Nach dem neu gefassten §9 Abs.1 Satz3 Nr.5 EStG liegt eine doppelte Haushaltsführung nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Die unechte doppelte Haushaltsführung für Steuerpflichtige ohne eigenen Hausstand führt daher nach dem Wortlaut des Gesetzes in den dort genannten materiell und formell noch offenen Fällen nicht mehr zu betrieblich abzugsfähigen Aufwendungen.
Im Streitfall bestanden gegen die rückwirkende Anwendung der Neuregelung schon deshalb keine Bedenken, weil die Voraussetzungen für eine unechte doppelte Haushaltsführung nicht erfüllt waren; denn die insoweit erforderliche Absicht zur Rückkehr in die Wohnung der Mutter in Y bestand nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht mehr und der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Klägerin lag im Streitjahr tatsächlich nicht mehr in Y, zumal sie schon seit 1992 in X für die Rundfunkanstalt tätig war.
Praxishinweis
Im Übrigen setzt die Neuregelung in §9 Abs.1 Satz3 Nr.5 EStG den Beschluss des BVerfG vom 4.12.2002 um, der die zeitliche Begrenzung im Fall der sog. Kettenabordnung mit Art.3 Abs.1 GG und im Fall von beiderseits berufstätigen Ehegatten mit Art.6 Abs.1 GG für unvereinbar erklärt hat, so dass Aufwendungen für eine beruflich oder betrieblich begründete doppelte Haushaltsführung wieder zeitlich unbefristet abzugsfähig sind.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 16.12.2004, IV R 8/04