Leitsatz

Ein Kind, das als Unteroffiziersanwärter (Soldat auf Zeit) zum Telekommunikationselektroniker ausgebildet wird, befindet sich in einer Berufsausbildung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Anschluss an BFH-Urteil vom 16.4.2002, VIII R 58/01, BStBl II 2002, S. 523).

 

Sachverhalt

Streitig war, ob M für ihren Sohn S ab August 1999 noch Kindergeld zustand. S, der im Mai 1999 volljährig wurde und im Juli 1999 die Schule abschloss, wurde im September 1999 als Soldat auf Zeit mit einer Verpflichtungszeit von 12 Jahren als Unteroffiziersanwärter angestellt und zum Telekommunikationselektroniker ausgebildet. Die Familienkasse hob im September die Kindergeldfestsetzung ab August 1999 auf, da die Ausbildung als Soldat auf Zeit keine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG sei. Die Klage mit dem Ziel, Kindergeld weiterhin bis August 2002 zu gewähren, hatte keinen Erfolg. Auf die Revision der M hob der BFH das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Der BFH sah die Ausbildung zum Elektroniker kindergeldrechtlich als Berufsausbildung an und damit den August 1999 als Übergangszeit zwischen diesem und dem vorangegangenen Ausbildungsabschnitt Schule[1]. Er konnte aber nicht durcherkennen, weil nicht festgestellt worden war, ob die Einkünfte und Bezüge des S nach seiner Volljährigkeit, also von Juni bis Dezember 1999, den anteiligen Jahresgrenzbetrag – 7/12 von 12000 DM[2] – überschritten.

Die Verpflichtung als Soldat auf Zeit steht der Annahme eines Ausbildungsverhältnisses – jedenfalls zu Beginn der Verpflichtungszeit – nicht entgegen. Ebenso wie beim Referendariat nach der ersten juristischen Staatsprüfung[3] und bei der Ausbildung als Offiziersanwärter[4] werden auch hier für den angestrebten militärischen oder zivilen Beruf (als Telekommunikationselektroniker) tatsächlich Lehrgänge belegt und Prüfungen abgelegt. Der dienstrechtliche Status steht der Beurteilung als Berufsausbildung nicht entgegen. Die vor der Neuregelung des Familienleistungsausgleichs ergangene Rechtsprechung zur ausgeübten Tätigkeit als Dauerberuf bei einem höher gesteckten Berufsziel wurde für das einkommensteuerliche Kindergeld schon früher aufgegeben. Dass das Ableisten des Grundwehrdienstes als solches keine Berufsausbildung darstellt, steht dem nicht entgegen, da dort gerade nicht auf eine Laufbahn innerhalb der Bundeswehr vorbereitet wird.

 

Praxishinweis

Der BFH hat den Begünstigungszeitraum der Berufsausbildung nicht negativ dahin abgegrenzt, dass es sich nicht um Monate mit Vollerwerbstätigkeit handeln dürfte[5]. Das ist übrigens auch nicht geschehen, als eine Ausbildung im Rahmen von Qualifikationsmaßnahmen nach dem BSHG mit einer monatlichen Vergütung von ca. 2770 DM als Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG angesehen wurde[6]. Es fragt sich aber, warum als Ausbildung oder als Übergangszeit von höchstens vier Monaten kindergeldbegünstigte Zeiten nicht anzuerkennen sein sollen, wenn daneben einer Vollerwerbstätigkeit nachgegangen wird, während das nicht gelten soll, wenn vergleichbare Beträge im Rahmen des Ausbildungsdienstverhältnisses erzielt werden. Sollte das etwa zur Folge haben, dass bei einem entsprechend vergüteten Job eines Studenten während der Semesterferien in diesem Monat das Kindergeld entfällt?

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 15.7.2003, VIII R 19/02

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