Leitsatz
Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.
Sachverhalt
Eine GmbH stellte ihren beiden Geschäftsführern firmeneigene Fahrzeuge zur Verfügung. Zur Ermittlung der auf Privatfahrten sowie auf Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Anteile an der Gesamtnutzung bedienten sich die Geschäftsführer des von dem Softwarehersteller Microsoft vertriebenen Tabellenkalkulationsprogramms MS-Excel. Die erzeugten Dateien enthalten zeilenweise fortlaufend für jede einzelne Fahrt Angaben zu Wochentag, Datum, Anlass der Fahrt (privat, Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb, geschäftlich) mit der jeweils zurückgelegten Strecke sowie den am Ende der Fahrt sich ergebenden Kilometerstand. Bei den Lohnabrechnungen erfasste die GmbH als geldwerten Nutzungsvorteil den anhand der eingegebenen Daten errechneten Betrag. Das Finanzamt gelangte anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu der Auffassung, die ausgedruckten Excel-Dateien stellten kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) dar. Es ermittelte den geldwerten Vorteil daher nach der 1%-Regelung und nahm die GmbH für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Haftung.
DIe Revision hat keinen Erfolg. Das von dem Hersteller Microsoft entwickelte Programm MS-Excel eröffnet dem Anwender die Möglichkeit zu einer nachträglichen Veränderung bereits eingegebener Daten, deren Reichweite in der Datei selbst nicht näher dokumentiert wird. Die Eintragungen können dadurch zu einem späteren Zeitpunkt ohne größeren Aufwand an praktisch jedes gewünschte Ergebnis angepasst werden. Der Ausdruck einer solchen Datei ist deshalb zum Nachweis der Vollständigkeit und Richtigkeit der erforderlichen Angaben nicht geeignet. Ein Fahrtenbuch erfüllt zudem als Eigenbeleg des Fahrzeugführers begrifflich die Aufgabe, über die mit einem Fahrzeug unternommenen Fahrten Rechenschaft abzulegen. Da die dabei zu führenden Aufzeichnungen eine "buch"-förmige äußere Gestalt aufweisen sollen, verlangt der allgemeine Sprachgebrauch, dass die erforderlichen Angaben in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten werden müssen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Eine lose Ansammlung einzelner Daten ohne äußeren Zusammenhang kann daher schon in begrifflicher Hinsicht kein "Fahrtenbuch" sein. Die GmbH hätte den geldwerten Vorteil ihrer Geschäftsführer aus der Privatnutzung der Dienstwagen daher nach der 1%-Regelung (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) berechnen müssen.
Hinweis
Der BFH folgt damit dem Verständnis der Finanzverwaltung und stellt sehr hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs. Werden diese nicht eingehalten, ist zwingend die 1%-Regelung anzuwenden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 16.11.2005, VI R 64/04.