Sonderrolle eines Miterben
Nach dem Tod des Erblassers, der einem (späteren) Miterben eine umfassende Kontovollmacht eingeräumt hatte, schuldet der Bevollmächtigte den anderen Miterben aus dem Innenverhältnis der Vollmachtserteilung dann keine Auskunft über getätigte Bankgeschäfte, wenn er sich vormals um den Erblasser kümmerte und in dessen unmittelbarer Nachbarschaft wohnte. So entschied jüngst das OLG Köln in einem Fall, in dem die Erblasserin einem ihrer Kinder und (späteren) Miterben zu Lebzeiten eine Kontovollmacht und eine Vollmacht für ein Bankschließfach erteilt hatte. Nach ihrem Tod forderte eine Miterbin Auskunft vom vormals Bevollmächtigten sowohl aus dem der Vollmachtserteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als auch aus § 242 BGB. Der bevollmächtigte Sohn hatte sich um die verstorbene Mutter selbst gekümmert und wohnte in deren unmittelbarer Nachbarschaft. Das Landgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung blieb ohne Erfolg.
Ohne Auftrag keine Auskunft
Nach Meinung des OLG Köln besteht kein Auskunftsanspruch nach §§ 666, 1922 BGB, da ein Auftragsverhältnis zwischen der verstorbenen Mutter und dem Bevollmächtigten nicht bestand. Nach §§ 662, 666 BGB ist der Beauftragte dem Auftraggeber zwar auskunfts- und rechenschaftspflichtig. Allein aus dem Bestehen der Kontovollmacht und der Vollmacht für das Bankschließfach ergibt sich aber noch kein Auftragsverhältnis. Hierfür sind objektive Kriterien notwendig, die zeigen, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten. Wird die Vollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses erteilt, so wird damit in der Regel weder Auskunft noch Rechenschaft verlangt. Der Bevollmächtigte soll im Nachhinein nicht dem Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben, die er als Bevollmächtigter tätigte, genau angeben und belegen zu müssen. Nur wenn objektive Kriterien hinzukommen, die auf den rechtsgeschäftlichen Bindungswillen schließen lassen, ist das Vertrauensverhältnis zu verneinen. Für ein Vertrauensverhältnis spricht, wenn die Vollmacht demjenigen Kind erteilt wurde, das sich um den Vollmachtgeber kümmerte und in dessen unmittelbarer Nachbarschaft wohnt. Diese Kriterien seien vorliegend erfüllt, zumal sich der Bevollmächtigte auch um andere Angelegenheiten der verstorbenen Mutter, beispielsweise um die Vermittlung von Haushaltskräften, kümmerte.
Keine Auskunft nach Treu und Glauben
Der von der Rechtsprechung gemäß § 242 BGB (Treu und Glauben) herausgearbeitete Auskunftsanspruch unter Miterben besteht mangels einer Sonderbeziehung zwischen den Miterben ebenfalls nicht. Ohne eine solche Sonderbeziehung setzt eine nach § 242 BGB bestehende Auskunftspflicht voraus, dass eine mitgeschuldete Nebenverpflichtung aus einem dem Grunde nach bereits feststehenden Leistungsanspruch gegeben ist. Der Klägerin als Miterbin kommt es durch die erstrebte Auskunft nur darauf an, zusätzliche Nachlasswerte zu realisieren und dadurch die Teilungsmasse der Erbschaft unter Einbeziehung etwaiger Schadensersatz- bzw. Zahlungsansprüche gegen den vormals bevollmächtigten Miterben zu erhöhen. Dadurch sei jedoch das erbrechtliche Verhältnis der Miterben untereinander tangiert, das aber keine Sonderbeziehung zwischen diesen hergebe.
Umfang der Kontovollmacht
Hinweis: Allein aus dem Bestehen einer Kontovollmacht lässt sich noch kein Rechtsbindungswillen zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem herleiten. Es fehlen vorliegend jedoch nähere Angaben zur Reichweite der Kontovollmacht. Sind durch die Vollmacht erhebliche Interessen wirtschaftlicher Art geregelt oder werden dadurch weitere umfangreiche Befugnisse eingeräumt, kann durchaus ein Rechtsbindungswillen anzunehmen sein (so OLG Brandenburg, ZEV 2013 S. 341; Kollmeyer, NJW 2017, S. 1137).
(OLG Köln, Beschluss v. 11.5.2017, 16 U 99/16, dazu NJW-Spezial 2017 S. 519)