Streit um Kellerraum

Grundstücksnachbarinnen streiten um die Wirksamkeit einer im 19. Jahrhundert entstandenen Grunddienstbarkeit. Dabei begehrt die Klägerin von der beklagten Nachbarin die Beseitigung eines in späterer Zeit angebauten Kellerraums. Im Grundbuch ist für das Grundstück der Beklagten in der 2. Abteilung folgende Belastung eingetragen: "Der Eigentümer ist verpflichtet, die Gebäulichkeiten nicht zu erweitern". Als sie das Grundstück im Jahr 1997 erwarb, handelte es sich um ein Gartengrundstück, auf dem sich lediglich ein alter Gewölbekeller befand. Hierauf errichtet sie – nach langen Rechtsstreitigkeiten mit der Klägerin – ein Wohnhaus nebst einem rund 12 m2 großen unterirdischen Technikraum, der die für das Wohngebäude erforderliche Haustechnik (Anschlüsse der Versorgungsleitungen) enthält und aus dem alten Gewölbekeller zugänglich ist. Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten, den unterirdischen Technikraum zu beseitigen – letztlich mit Erfolg!

Beseitigungsanspruch

Das OLG Karlsruhe spricht der Klägerin einen Beseitigungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 1, 1027 BGB zu, weil die Errichtung des Technikraums gegen die durch eine Grunddienstbarkeit gesicherte Baubeschränkung verstößt. Die Grunddienstbarkeit sei wirksam entstanden. Insbesondere bestünden keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der Grunddienstbarkeit. Hierzu befand das Gericht:

  • Auslegung der Baubeschränkung

    Eine Grunddienstbarkeit mit der Verpflichtung, auf einem bestimmten Grundstück, "die Gebäulichkeiten nicht zu erweitern", ist grundsätzlich bestimmt genug. Maßgeblich für den Inhalt der Baubeschränkung ist der Gebäudebestand auf dem Grundstück zur Zeit der Begründung der Dienstbarkeit.

  • Der Begriff "Gebäulichkeiten" bezeichnete in Baden im 19. Jahrhundert nicht nur oberirdische Gebäude, sondern auch Keller und unterirdische Räume.
  • Eine Baubeschränkung auf einem Grundstück kann unter anderem den Zweck haben, die Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks zu begrenzen, um mit der Nutzung verbundene mögliche Immissionen oder Belästigungen für den begünstigten Nachbarn gering zu halten. Es verstößt grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben, wenn der begünstigte Nachbar die Beseitigung eines gegen die Grunddienstbarkeit verstoßenden unterirdischen Technikraums verlangt, da der (unzulässige) Technikraum die Nutzungsmöglichkeiten des übrigen (zulässigen) Gebäudes auf dem Grundstück verbessern und erweitern kann.

(OLG Karlsruhe, Urteil v. 3.4.2014, 9 U 118/11, NJW-RR 2014 S. 1231)

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