Leitsatz (amtlich)

§ 36a EStG schließt die Anrechnung von Körperschaftsteuer unter bestimmten Voraussetzungen aus, "soweit die anzurechnende Körperschaftsteuer nicht durch die ihr entsprechende gezahlte Körperschaftsteuer gedeckt ist". Bei der in diesem Sinne "entsprechenden gezahlten Körperschaftsteuer" handelt es sich um diejenige, die auf das für die Ausschüttung gemäß § 28 Abs. 3 KStG als verwendet geltende Eigenkapital entfällt, und nicht um jene für das jeweilige Gewinnjahr.

 

Sachverhalt

Der Kläger hielt an einer 1986 gegründeten GmbH eine 50 %ige Beteiligung. Die GmbH schüttete an den Kläger im Streitjahr 1990 offen und verdeckt u.a. für 1986 und 1987 Gewinne aus und erteilte ihm darüber eine Steuerbescheinigung gemäß § 44 KStG, § 45a EStG a.F. Die offenen Gewinnausschüttungen beliefen sich gemäß Beschluss vom 13.9.1991 auf 145 000 DM (1986) und auf 30000 DM (1987) zuzüglich anrechenbarer KSt von 81 200 DM (1986) und 8400 DM (1987). Das Finanzamt rechnete bei der ESt-Festsetzung 1990 hiervon lediglich KSt von 43 686 DM an und erfasste nur diesen Betrag als Einnahme gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Grund für die Kürzung war, dass die ausschüttende GmbH, über deren Vermögen am 31.1.1995 das Konkursverfahren eröffnet worden war, von der gegen sie für 1986 bis 1990 festgesetzten KSt von insgesamt 1824313 DM lediglich 1570 750 DM gezahlt hatte. Die gegen den entsprechenden Abrechnungsbescheid gerichtete Klage hatte hinsichtlich der KSt-Anrechnung für 1986 Erfolg. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. f EStG wird KSt nicht angerechnet, wenn die Einnahmen bei der Veranlagung nicht erfasst werden. Die Anrechnung der anrechenbaren Steuern gemäß § 36 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 EStG setzt sonach die korrespondierende Erhöhung der Kapitalerträge voraus[1]. Einzubeziehen sind die Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 sowie Nr. 3 EStG 1987/1990, letztere aber erst vom Veranlagungszeitraum 1996 an[2]. Für frühere Veranlagungszeiträume - und damit auch im Streitjahr - galt dies noch nicht. Seinerzeit war die betreffende KSt - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1987/1990 - auch dann auf die festgesetzte KSt anzurechnen, wenn sie ihrerseits nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1987/1990 als Einnahme erfasst war[3]. Im Streitfall ist es deshalb für das Klagebegehren unschädlich, dass das Finanzamt lediglich den Betrag von 43 686 DM bei der ESt-Veranlagung als Einnahme erfasst hat, den es tatsächlich angerechnet hat. Dennoch kann eine weitergehende Anrechnung von KSt in Betracht kommen.

§ 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a i.V.m. § 36a EStG schließt die Anrechnung bei einem Anteilseigner, der die ausschüttende Körperschaft zu einem Zeitpunkt innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Jahr der Ausschüttung beherrscht oder an ihr i.S. von § 36a Abs. 2 Satz 2 EStG wesentlich beteiligt ist, aus, "soweit die anzurechnende KSt nicht durch die ihr entsprechende gezahlte KSt gedeckt ist und nach Beginn der Vollstreckung wegen dieser rückständigen KSt anzunehmen ist, dass die vollständige Einziehung keinen Erfolg haben wird". Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung im Streitfall erfüllt sind und ob das Finanzamt sonach befugt war, die KSt-Anrechnung zu versagen, lässt sich nach den Feststellungen des FG weder dem Grunde noch der Höhe nach abschließend beurteilen. Es steht zwar fest, dass die gegenüber dem Kläger anzurechnende KSt nicht in voller Höhe durch die gezahlte KSt gedeckt ist. Auch war der Kläger i.S. von § 36a Abs. 2 Satz 2 EStG wesentlich an der ausschüttenden GmbH beteiligt. Es bestehen indes Ungewissheiten darüber, ob das Finanzamt gegen die GmbH Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hat, die erfolglos blieben und auch keinen künftigen Erfolg versprachen. Die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen wird auch dann nicht entbehrlich, wenn Vollstreckungsversuche sich als nicht oder als nur wenig erfolgversprechend erweisen mögen. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens gehen jedoch die konkursrechtlichen Regelungen der abgabenrechtlichen Vollstreckung vor[4]. Der für die Anwendung von § 36a EStG maßgebliche Vollstreckungsbeginn kann unter diesen Umständen entweder darin liegen, dass das Finanzamt den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens stellt, oder dass es die rückständige Steuerschuld als Konkursforderung zur Forderungstabelle anmeldet. Außerdem muss mit dem voraussichtlichen Ausfall der Forderungen zu rechnen sein.

Es fehlen überdies abschließende Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Umfang die anzurechnende KSt durch die ihr entsprechende gezahlte KSt gedeckt ist. Entgegen dem FG handelt es sich bei der "entsprechenden gezahlten KSt" nicht um jene für das jeweilige Gewinnjahr, sondern um jene, die auf das für die Ausschüttung gemäß § 28 Abs. 3 KStG als verwendet geltende Eigenkapital entfällt.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 27.3.2001 – I R 66/00

[1] Vgl. z.B. BF...

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