Leitsätze (amtlich)
- Unter der Zuführung neuen Betriebsvermögens i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1991 ist nur die Zuführung neuen Aktivvermögens zu verstehen (Bestätigung des Senatsurteils vom 13.8.1997, I R 89/96, BStBl II1997, S. 829 = INF 1998, S. 28).
- Um neues Betriebsvermögen in diesem Sinne handelt es sich nicht nur dann, wenn das neue Aktivvermögen unter Verrechnung von Zugängen und Abgängen im betragsmäßigen Saldo höher als das ursprüngliche Aktivvermögen ist, sondern auch dann, wenn die Neuzuführungen den Bestand des vor Zuführung vorhandenen Restaktivvermögens übersteigen.
- Die Übernahme von Bürgschaften und die Einräumung von Sicherheiten für Bankkredite kann der Zuführung neuen Aktivvermögens wirtschaftlich vergleichbar sein.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Stammkapital im Streitjahr 1993 2 Mio. DM betrug. Es wurde seit dem 5.10.1990 von L, einer Schweizer AG, gehalten. Am 14.6.1993 verkaufte L ihre Anteile an der Klägerin an die inländische A-GmbH. Der Kaufpreis sollte 50 000 DM für den Good-will, einen Betrag in Höhe des Kapitals der zum 14.6.1993 aufzustellenden Bilanz der Klägerin und 2,5 % des festgestellten Verlustvortrags, höchstens 350000 DM, betragen. Die Zwischenbilanz zum 14.6.1993 weist im Wesentlichen auf der Aktivseite nur die Forderung aus einem Liefergeschäft vom 1.6.1993 sowie Forderungen gegen die L von 540 909 DM aus. Das Kapital ist mit 481 856 DM ausgewiesen. Die aus Verlustübernahmen stammende Forderung gegen die L trat die Klägerin an die A-GmbH ab und schloss gleichzeitig mit dieser als Schuldnerin über die abgetretene Forderung den Darlehensvertrag vom 23.7.1993. Die A-GmbH erklärte gegenüber der L in Höhe von 481856 DM die Aufrechnung mit der Kaufpreisforderung aus dem Anteilsverkauf. Den Restbetrag der von der Klägerin an die A-GmbH abgetretenen Forderung von 59 053 DM zahlte die L am 10.8.1993 an die A-GmbH. Die Gewinn- und Verlustrechnung der Klägerin weist für die Zeit vom 1.1. bis 14.6.1993 Umsatzerlöse von 481 269 DM und einen Materialaufwand von 447 807 DM aus. Der ermittelte Überschuss beträgt 136 337 DM. Nach dem Gesellschafterwechsel war die Klägerin mit demselben Unternehmensgegenstand tätig. Zur Sicherung der Finanzierung der Wareneinkäufe mittels Akkreditiven leisteten ihre Gesellschafterin und andere verbundene Unternehmen der Unternehmensgruppe den Banken Sicherheiten und übernahmen Bürgschaften. Das Finanzamt ging davon aus, die Klägerin habe ihre Geschäftstätigkeit im Februar/März 1993 eingestellt. Folglich sei die wirtschaftliche Identität zu dem erst durch die neue Gesellschafterin wieder aufgenommenen Geschäftsbetrieb nicht i.S. von § 8 Abs. 4 KStG 1991 gewahrt, so dass der Gewerbeverlust des eingestellten Betriebs nicht gemäß § 10a GewStG gekürzt werden könne. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die Revision blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Nach § 10a Satz 4 GewStG i.V.m. § 8 Abs.4Satz 1 KStG 1991 ist bei einer Körperschaft Voraussetzung für die Kürzung des Gewerbeertrags um Fehlbeträge, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust (Fehlbetrag) erlitten hat. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1991 fehlt einer Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Identität, wenn bezogen auf das gezeichnete Kapital mehr als 75 % der Geschäftsanteile übertragen werden, überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt und der Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen wird. Nach Ansicht des FG liegen die Voraussetzungen dieses gesetzlichen Hauptanwendungsfalls fehlender wirtschaftlicher Identität im Streitfall teilweise - im Hinblick auf den (unstreitigen) Erwerb von mehr als 75 % der Geschäftsanteile durch die A-GmbH und im Hinblick auf die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs nach seiner Einstellung - unmittelbar vor. Im Hinblick auf die weitere Voraussetzung des Regelbeispiels -Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens - sei die Klägerin in einer hiermit vergleichbaren Weise mit neuer Finanzkraft ausgestattet worden.
Der erkennende Senat stimmt dieser Beurteilung zu. Es fehlt an der wirtschaftlichen Identität i.S. des § 8 Abs. 4 KStG 1991. Abweichend von der Vorinstanz sieht er die Voraussetzungen des Regelbeispiels in Satz 2 des § 8 Abs. 4 KStG 1991 allerdings bezogen auf alle drei Erfordernisse als erfüllt an. Dies gilt neben der im Streitfall unproblematischen Übernahme von mehr als 75 % der Anteile durch die A-GmbH auch für die Betriebseinstellung. Dies gilt ferner aber auch für die Zuführung neuen Betriebskapitals infolge des Forderungsaustauschs. Zusätzlich ist die Übernahme der Bürgschaften und die Gestellung der Sicherheiten der Zuführung neuen Betriebsvermögens vergleichbar. Das FG hat festgestellt, dass das einzige wesentliche Aktivvermögen der Klägerin, eine Forderung gegen ihre damalige Gesellschafterin L, durch eine entsprechende Forderung gegen ihre neue Gesellschafterin A-GmbH ausgetauscht wurde, und dass die neue Gesellschafterin der Klägerin die zur Wiederaufnahme des Ges...