Leitsatz

  1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Ausschluss des Ausgleichs von Verlusten aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6, § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.d.F. des StVergAbG insoweit mit dem GG vereinbar ist, als er sich ohne Einschränkung auch auf Verluste bezieht, die auf vor dem Jahr 2003 begründeten Verpflichtungen beruhen.
  2. Ist die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts ernstlich zweifelhaft und bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass bei einem Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren die Durchsetzung des Steueranspruchs gefährdet wäre, so ist die Vollziehung des Verwaltungsakts regelmäßig ohne Sicherheitsleistung auszusetzen. Das gilt auch dann, wenn die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Gründe nicht überwiegen.
 

Sachverhalt

Eine GmbH hatte sich im Jahr 2002 am Unternehmen einer AG still beteiligt und sich dabei verpflichtet, für Verluste der AG bis zu 300000 EUR einzustehen. Im Jahr 2003 musste sie im Hinblick darauf Zahlungen leisten. Das Finanzamt erkannte diese Zahlungen unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 Satz 6 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht als abziehbare Betriebsausgaben an. Eine Aussetzung der Vollziehung der betreffenden Steuerbescheide lehnte es ab.

 

Entscheidung

Nach § 15 Abs. 4 Satz 6 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.d.F. des StVergAbG sind Verluste einer Kapitalgesellschaft aus einer stillen Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft nur mit späteren Gewinnen aus derselben Beteiligung verrechenbar. Diese Regelung gilt erstmals für das Streitjahr 2003. Die GmbH hat aber möglicherweise einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Vertrauensschutz, da sie bei der Übernahme der verlustverursachenden Verpflichtung noch nicht mit der gesetzlichen Neuregelung rechnen und sich nach deren In-Kraft-Treten ihrer Verpflichtung nicht mehr entziehen konnte. Daher bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide. Die Aussetzung der Vollziehung ist ohne Sicherheitsleistung zu gewähren, da sie die Realisierung des Steueranspruchs nicht gefährdet.

 

Praxishinweis

Der BFH verweist vor allem auf den Vorlagebeschluss zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Spekulationsgewinnen[1]. Dort hat der IX. Senat einen Vertrauensschutz bei belastenden neuen Steuergesetzen in weiterem Umfang für möglich gehalten als es der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG entspricht. Ob die nun anstehende Entscheidung des BVerfG hier wirklich einen Umschwung bringen wird, bleibt abzuwarten.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 3.2.2005, I B 208/04

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