Leitsatz
Eine außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzwidrigkeit ist im Finanzgerichtsprozess seit In-Kraft-Treten des § 133a FGO zum 1.1.2005 generell nicht mehr statthaft.
Sachverhalt
B legte gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1996 sowie gegen den die Festsetzung der Eigenheimzulage 1996 bis 2003 aufhebenden Bescheid Einspruch ein und beantragte gleichzeitig Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt gewährte diese jedoch nur gegen Sicherheitsleistung. Daraufhin beantragte B beim FG, Aussetzung ohne Sicherheitsleistung zu gewähren. Nachdem das Finanzamt dem gefolgt war und die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt hatten, erlegte das FG die Kosten des Aussetzungsverfahrens B auf. Der dagegen eingelegten außerordentlichen Beschwerde half das FG nicht ab. Der BFH hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Entscheidung
Eine außerordentliche Beschwerde ist generell unstatthaft. Denn nach In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9.12.2004 zum 1.1.2005 ist ein derartiger außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf ausgeschlossen. Das wird auch vom BVerwG, vom BSG und von der h.M. im Schrifttum so gesehen.
Diese Hürde kann auch im Wege richterrechtlicher Rechtsfortbildung nicht überwunden werden, denn die in der Vergangenheit in Fällen sog. greifbarer Gesetzwidrigkeit für denkbar gehaltene außerordentliche Beschwerde genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit. Das folgt unmissverständlich aus der Rechtsprechung des BVerfG, das ausdrücklich klargestellt hat, dass außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffene außerordentliche Rechtsbehelfe gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtsmittelklarheit verstoßen.
Soweit der IV. Senat keine Bedenken geäußert hat, auch unter der Geltung des § 133a FGO am bisherigen Grundsatz zur analogen Anwendung des § 128 FGO auf eine außerordentliche Beschwerde festzuhalten, weil deren Anwendungsbereich sich durch die Einführung von § 133a FGO nicht verringert habe, sondern mindestens bestehen geblieben sei, folgt der VIII. Senat dem unter Hinweis auf die vorstehend zitierte Rechtsprechung des BVerfG und auf Sinn und Zweck des zum 1.1.2005 in Kraft getretenen Gesetzes ausdrücklich nicht.
Praxishinweis
Mit dieser Entscheidung dürfte klar sein, dass eine außerordentliche Beschwerde gegen Entscheidungen des FG zum BFH nicht mehr gegeben ist. Die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO wird davon jedoch nicht berührt. Zu beachten ist, dass der BFH die Umdeutung einer von fachkundigen Prozessvertretern ausdrücklich als solche erhobenen außerordentlichen Beschwerde in eine (statthafte) Gegenvorstellung ausschließt.
Link zur Entscheidung
BFH-Beschluss vom 30.11.2005, VIII B 181/05