Leitsatz
Als Anschaffungskosten zu behandelnde Aufwendungen für die Herstellung der Betriebsbereitschaft liegen auch dann vor, wenn der Erwerber das Mietverhältnis über das erworbene Objekt zunächst fortsetzt, aber entsprechend seiner Planung bei Erwerb innerhalb weniger Monate beendet, sodann durch Baumaßnahmen einen höheren Wohnstandard schafft und anschließend zur Eigennutzung übergeht. In diesem Zusammenhang getätigte Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungskosten gehören, sind als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar.
Sachverhalt
Vier Monate nach Erwerb eines vermieteten Einfamilienhauses beendeten die Eigentümer das Mietverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung. Dann renovierten und modernisierten sie das Gebäude umfassend. Ab November des Jahres nutzten sie das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie 37 671,38 DM für die Beseitigung "offener Mängel" und 174057,20 DM für die Beseitigung "versteckter Mängel" gemäß § 10e Abs. 6 EStG als Vorkosten geltend. Die übrigen Kosten bezogen sie als Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG ein.
Das Finanzamt erkannte nur Aufwendungen für den Austausch eines verfaulten Balkens als Vorkosten zu. Die Aufwendungen für die Heizungserneuerung berücksichtigte es gemäß § 82a Abs. 1 Nr. 5 EStDV mit 10 % jährlich. Die übrigen Aufwendungen behandelte es insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten und bezog sie in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG ein. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Zu Unrecht hat das FG den Abzug der streitigen Aufwendungen als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG allein wegen ihrer Höhe und zeitlichen Nähe zur Anschaffung des Gebäudes versagt.
Im Wege der Abschreibung zu berücksichtigende Anschaffungskosten gemäß § 255 Abs. 1 HGB liegen allerdings hinsichtlich derjenigen Aufwendungen vor, mit denen das Gebäude durch die Eigentümer in einen betriebsbereiten Zustand versetzt werden sollte. Zur für die Betriebsbereitschaft maßgeblichen und vom Eigentümer zu treffenden Zweckbestimmung eines Gebäudes, das Wohnzwecken dient, gehört auch die Entscheidung, welchem Standard es entsprechen soll (sehr einfacher, mittlerer oder sehr anspruchsvoller Standard); eine danach vorgenommene Steigerung des Wohnstandards durch Steigerung des Nutzungswerts infolge wesentlicher Verbesserungen in mindestens drei der Bereiche Heizung, Sanitär- und Elektroinstallation sowie Fenster führt zu Anschaffungskosten i.S.d. § 255 HGB.
Treffen Baumaßnahmen, die ihrer Art nach – z.B. als Erweiterung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB – stets zu Herstellungskosten führen und einen der den Nutzungswert eines Gebäudes bestimmenden Bereiche betreffen, mit der Verbesserung von mindestens zwei weiteren Bereichen zusammen, ist nach Auffassung des BFH ebenfalls eine Hebung des Wohnstandards anzunehmen. Danach sind neu, gegebenenfalls durch Umbau geschaffene Räume wie im Streitfall Gäste-WC, Badezimmer, Kellerräume schon unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung Herstellungskosten.
Eine wesentliche, den Wohnstandard erhöhende Verbesserung liegt in dem Austausch einfachverglaster Fenster durch isolierverglaste Sprossenfenster sowie einer technisch überholten Zentralheizung gegen eine dem Stand der Technik entsprechende Heizung, wenn diese das ganze Haus erstmals zentral mit Warmwasser versorgt. Der Nutzungswert einer Elektroinstallation führt ebenfalls zu einer deutlichen Steigerung des Wohnwerts, wenn die Leitungskapazität beispielsweise durch den Einbau eines leistungsfähigeren Sicherungskastens und drei- statt zweiphasiger Elektroleitungen maßgeblich aufgebessert und die Zahl der Anschlüsse deutlich gesteigert wurde.
Praxishinweis
1. Die Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen für den Abzug von Aufwendungen als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG tragen die Steuerpflichtigen. Insbesondere müssen sie darlegen, welche Baumaßnahmen dem Grunde nach zu Modernisierungs- und Instandhaltungsaufwendungen führen. Das Finanzamt trägt dagegen die Feststellungslast für diejenigen Tatsachen, die eine wesentliche Verbesserung begründen und damit zu Anschaffungskosten führen; dies gilt auch für die Darlegung eines bautechnischen Zusammenhangs weiterer Baumaßnahmen mit den für den Wohnstandard wesentlichen Bereichen und den Erweiterungen i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB.
2. Grundsätzlich kommt ein Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG nicht für eine Wohnung in Betracht, die nach der Anschaffung zunächst vermietet ist oder vom Erwerber wegen eines darauf lastenden Wohnungsrechtes zunächst nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden kann. Diese Rechtsprechung hat der Senat nunmehr insoweit gelockert, als er bei Beendigung des Mietverhältnisses durch den Erwerber innerhalb "weniger Monate nach Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten" noch den – für die Anwendbarkeit des § 10e Abs. 6 EStG– erforderlichen unmittelbaren Zusamm...