Leitsatz (amtlich)
Einem Steuerpflichtigen, der die Steuerbegünstigung nach § 10e Abs. 1 EStG für eine am Arbeitsort selbstgenutzte Zweitwohnung zu Recht in Anspruch nimmt, steht Baukindergeld nach § 34f Abs. 3 EStG auch hinsichtlich der Kinder zu, die ausschließlich in seiner Hauptwohnung am Wohnort leben (Fortführung des Senatsurteils vom 31.10.1991, X R 9/91, BStBl II 1992, S. 241 = INF 1992, S. 161 und Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 14.3.1989, IX R 43/88, BStBl II 1989, S. 829 = INF 1989, S. 524).
Sachverhalt
Die Kläger, zusammen veranlagte Eheleute, bewohnten im Streitjahr 1994 zusammen mit ihren beiden Kindern ein ihnen gehörendes Zweifamilienhaus in A. Im selben Jahr errichteten die Kläger ein Zweifamilienhaus in B. Eine der Wohnungen vermieteten sie an Fremde. Die andere, 48 qm große Wohnung nutzte der als Berufsschullehrer in B tätige Kläger an den Tagen, an denen er berufsbedingt nicht an den Hauptwohnsitz in A zurückkehren konnte. Für 1994 machten die Kläger keine Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung geltend, sondern beantragten für das Zweifamilienhaus in B die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG. Das Finanzamt berücksichtigte die Steuerbegünstigung antragsgemäß, lehnte aber eine Steuerermäßigung nach § 34f EStG für die beiden Kinder der Kläger mit der Begründung ab, in der Wohnung in B werde kein Haushalt geführt, dem die Kinder angehörten. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
Nach § 34f Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 setzt die Steuerermäßigung für Steuerpflichtige mit Kindern voraus, dass sie die Steuerbegünstigungen für eigengenutztes Wohneigentum nach § 10e Abs. 1,2,4 und 5 EStG in Anspruch genommen haben und dass die Kinder zum Haushalt der Steuerpflichtigen gehören oder in dem für die Steuerbegünstigung maßgebenden Zeitraum gehört haben. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
- Die Kläger haben die Vergünstigung des § 10e EStG i.S. des § 34f Abs. 3 EStG"in Anspruch genommen". Die Tatsache, dass der Kläger die begünstigte Wohnung im Rahmen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung genutzt hat und die damit zusammenhängenden Aufwendungen, soweit sie die Kosten für eine übliche Unterkunft - angemessene Mietwohnung für eine Person - nicht übersteigen, gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten hätte geltend machen können, steht der Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG nicht entgegen.
- Die Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt des Steuerpflichtigen ist ebenfalls gegeben. Hierfür ist nicht Voraussetzung, dass das Kind in dem begünstigten Objekt wohnt. Zum Haushalt gehören Kinder, die bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen dessen Wohnung teilen oder sich mit seiner Einwilligung vorübergehend außerhalb seiner Wohnung aufhalten. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall hinsichtlich des - auch von den Kindern bewohnten - Familienwohnsitzes der Kläger in A vor. Die Tatsache, dass der Kläger die Zweitwohnung nur allein an den Arbeitstagen während der Woche nutzt, steht der Förderung nach § 34f Abs. 3 EStG nicht entgegen. Eine den Wortlaut der Vorschrift einschränkende Auslegung des Inhalts, dass die Steuerbegünstigung nicht nur die Zugehörigkeit zum Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern darüber hinaus das "Mitbewohnen" des Kindes in dem -weiteren - geförderten Objekt voraussetzt, ist weder mit dem Zweck des § 34f EStG noch mit dem Willen des Gesetzgebers vereinbar. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gehören auch Zweitwohnungen, die nur von einem Elternteil bewohnt werden, zum (einheitlichen) "elterlichen Haushalt", sofern sie nicht anderen Nutzern - wie z.B. den Kindern des Steuerpflichtigen - zur Führung eines eigenen Haushalts überlassen werden oder in ihnen wegen Getrenntlebens der Eltern ein eigenständiger Haushalt des Elternteils geführt wird, in den die Kinder nicht eingegliedert sind.
Ziel der Neuregelung des § 34f EStG durch das WohneigFG war es, durch eine wirksamere und verstärkt familienausgerichtete Gestaltung der bisherigen Förderung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, "dass möglichst viele Bürger, vor allem auch Familien mit Kindern, Wohneigentum erwerben können". Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte Verallgemeinerung des Förderungszwecks lässt die vom Finanzamt vertretene, den Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung des § 34f Abs. 3 EStG nicht zu. Der in der Neuregelung ab 1987 allgemeiner definierte vermögens- und familienpolitische Förderungszweck wird nämlich auch dann erreicht, wenn die Zweitwohnung nach Größe und Zuschnitt nicht geeignet und auch nicht dazu bestimmt ist, dem Steuerpflichtigen als Familienwohnung zu dienen.
Link zur Entscheidung
BFH vom 18.10.2000 – X R 19/96