Nicht zugängliche Wohnungen

Bei Mehrfamilienhäusern unter WEG-Verwaltung gehört es in der Baupraxis zu einem der größten Hindernisse einer erfolgreichen Prozessführung, dass Eigentümer oder Mieter trotz Behauptung eines Mangels in ihrer Wohnung den Zugang nicht oder nicht rechtzeitig ermöglichen. Das kann im Baumängelprozess erhebliche Nachteile mit sich bringen, wie dieser Fall verdeutlicht:

WEG-Eigentümer machten gegen den Beklagten, einen Bauunternehmer, verschiedene Mängel an einer Wohnanlage geltend. Unter anderem wird gerügt, dass die Wartezeit für den Ausstoß von Warmwasser an den Waschtischen in den Bädern sämtlicher Wohnungen zu lang ist. Diesen Mangel hat der Sachverständige nur in einem Teil der Wohnungen bestätigt. Eine Begutachtung von einigen Wohnungen konnte nicht erfolgen, da diese beim Ortstermin nicht zugänglich waren. Der Sachverständige konnte auch aufgrund unterschiedlicher Bauweise aus den untersuchten Wohnungen keine Rückschlüsse auf die Wartezeit für den Warmwasserausstoß in den nicht zugänglichen Wohnungen ziehen.

Mangel gilt als nicht bewiesen

Dieses Verhalten der Kläger stellt nach Meinung des OLG Stuttgart eine Beweisvereitelung dar. Eine solche liegt vor, wenn jemand seinem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Eine Beweisvereitelung kann auch vorliegen, wenn einem Sachverständigen die Besichtigung des Untersuchungsobjekts unmöglich gemacht wird. Im vorliegenden Fall hat die WEG-Verwaltung einen Aushang vorgenommen, die einzelnen Eigentümer bzw. Mieter persönlich angesprochen und entsprechende Einladungen in die Briefkästen eingeworfen. Weshalb einzelne Eigentümer bzw. Mieter den Zutritt zur Wohnung beim Ortstermin nicht ermöglicht haben, konnte in dem Verfahren nicht aufgeklärt werden. Die betroffenen Wohnungseigentümer haben auch keine Erklärung abgegeben, warum eine Besichtigung ihrer Wohnung zu dem angegebenen Zeitpunkt nicht möglich war. Ebenso wurde kein Termin genannt, wann die Wohnungen denn zugänglich sind. Es ist daher von einer Beweisvereitelung der Klägerseite auszugehen, sodass von der Mangelfreiheit der Werkleistung für die beweisbelastete Beklagte in den Wohnungen auszugehen ist, die der Sachverständige nicht betreten konnte. Die Klage hatte daher nur teilweisen Erfolg.

(OLG Stuttgart, Urteil v. 26.6.2017, 10 U 132/15, MDR 2017, S. 1322, NJW-Spezial 2017 S. 652)

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