Leitsatz
Die Gewährung eines Anspruches auf Befreiung von der Steuerberaterprüfung nur für "ehemalige" Beamte und Angestellte der Finanzverwaltung ist nicht verfassungswidrig.
Sachverhalt
Der Kläger möchte Steuerberater werden und hat deshalb bei dem Finanzministerium die Befreiung von der Steuerberaterprüfung beantragt. Er ist seit 1990 in der Steuerverwaltung tätig. Gleichwohl wurde der Antrag abgelehnt, weil die Befreiung nach dem StBerG nur ehemaligen Mitarbeitern der Finanzverwaltung gewährt werden könne.
Entscheidung
Der BFH hat die – aus anderen, hier nicht interessierenden Gründen erfolgte – Abweisung der Klage durch das FG bestätigt. Nach § 38 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a StBerG könnten nur "ehemalige" Beamte des höheren Dienstes und vergleichbare Angestellte der Finanzverwaltung, die mindestens zehn Jahre auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachgebietsleiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind, von der Prüfung befreit werden. Diese Vorschrift sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, obwohl zweifelhaft sei, ob ein tragfähiger sachlicher Grund für die in ihr enthaltene Beschränkung der Prüfungsbefreiung auf ehemalige Mitarbeiter besteht. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab sei nur Art. 3 Abs. 1 GG, nicht Art. 12 Abs. 1 GG. Die Grenzen gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit, deren Überschreitung danach allein zu prüfen sei, seien nicht überschritten, weil die von der Vorschrift für die aktiven Mitarbeiter der Finanzverwaltung ausgehenden Erschwernisse beim Berufswechsel dadurch ausgeglichen würden, dass nach § 38a StBerG eine verbindliche Auskunft über das Bestehen eines Befreiungsanspruchs eingeholt werden könnte. Auf diesen Weg verwiesen zu werden, sei den Betreffenden zumutbar. Bei einer Öffnung des Befreiungsverfahrens auch für noch im Dienst der Finanzverwaltung stehende Bewerber hätten diese allerdings die Möglichkeit, sich den Zugang zum Beruf des Steuerberaters, was ihre fachliche Befähigung dafür angeht, gleichsam "auf Vorrat" zu sichern. Darauf hätten sie von Verfassungs wegen keinen Anspruch.
Praxishinweis
Der "normale" Weg in den Berufsstand der Steuerberater führt über eine strenge fachliche Prüfung mit nach wie vor hoher Misserfolgsquote. Er steht selbstverständlich auch Mitarbeitern der Finanzverwaltung jederzeit offen. Für einen in § 38 StBerG im einzelnen definierten, weiten Personenkreis hat der Gesetzgeber daneben einen prüfungsfreien Berufszugang eröffnet. Diese großzügige Regelung erscheint im einzelnen durchaus als im Interesse einer Qualitätssicherung der Steuerberatung angreifbar. Sie wirft auch ungeklärte Zweifelsfragen auf, so etwa was eine Tätigkeit "auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern" ist, z.B. ob darunter auch eine Tätigkeit vorwiegend in der Personalverwaltung der Finanzbehörde oder rein behördenorganisatorischer Art fällt.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 16.12.2003, VII R 59/02