Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Die Befristung des Nießbrauchs führt zivilrechtlich zu dessen Erlöschen kraft Gesetzes, die des (schuldrechtlichen) Nutzungsrechts zur Beendigung der Rechtswirkungen dieses Rechtsgeschäfts. Das gilt jedoch nicht, wenn ein Fortbestehen des Nutzungsrechts ausdrücklich oder konkludent auch für den Zeitraum nach Ablauf der Frist vereinbart wird.
Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung sind, bei eigenem Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gegen die Versorgungseinrichtung, als Arbeitslohn mit ihrer Abführung durch den Arbeitgeber zugeflossen.
Sachverhalt
Im Urteilsfall räumte der Vater als Eigentümer eines Mietwohnhauses mit notariellem Vertrag vom April 1977 seinen minderjährigen Söhnen jeweils ein schuldrechtliches, befristetes Nießbrauchsrecht ein. Dessen Eintragung im Grundbuch wurde im März 2000 gelöscht. Nach Auslaufen der Nießbrauchsrechte erklärte ein Sohn weiterhin die Einkünfte aus diesem Objekt. Abweichend davon rechnete das Finanzamt die Einkünfte aus dem Mietwohngrundstück den Eltern zu.
Der BFH hat das Verfahren an das FG zurückverwiesen. Zwar führe die Befristung eines (dinglichen) Nießbrauchs zivilrechtlich zu dessen Erlöschen kraft Gesetzes, die eines (schuldrechtlichen) Nutzungsrechts zur Beendigung der Rechtswirkungen dieses Rechtsgeschäfts. Das gelte jedoch nicht, wenn ein Fortbestehen des (schuldrechtlichen) Nutzungsrechts aufgrund einer ausdrücklichen oder konkludent getroffenen Vereinbarung auch für den Zeitraum nach Ablauf der (Bedingungs-)Frist verlängert werde.
Außerdem bestätigte der BFH die Auffassung der Vorinstanz, wonach Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung mit ihrer Abführung durch den Arbeitgeber zugeflossen und damit lohnsteuerpflichtig sind.
Hinweis
Die Ausführungen des BFH zur Einkünftezurechnung bei befristeten Nießbrauchsrechten sowie bei dem vom Arbeitgeber einbehaltenen und abgeführten Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag sind einsichtig. Damit dürfte dem Vater eine weitere Zurechnung der Vermietungseinkünfte beim Sohn nur gelingen, wenn er die eindeutige Vereinbarung eines Nutzungsrechts auch nach dem zeitlichenAblauf des Nießbrauchsrechts nachweisen kann. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zu Verträgen zwischen nahen Angehörigen.
Bei den vom Arbeitgeber einbehaltenen und abgeführten Arbeitnehmeranteilen zur Gesamtsozialversicherung rechtfertigt der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gegen die Versorgungseinrichtung die Besteuerung im Zeitpunkt der Beitragsleistung. Zwar hat der Arbeitgeber als alleiniger Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge an die Einzugsstelle zu zahlen und durch Lohnabzug beim Arbeitnehmer einzubehalten. Der Arbeitnehmer hat jedoch die Beiträge zur Hälfte (Arbeitnehmeranteil) aus seinem Bruttoentgelt zu tragen. Die aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen zum Schutz des Arbeitnehmers gewählte technische Abwicklung ändert daran nichts.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 16.1.2007, IX R 69/04.