Leitsätze (amtlich)

  1. Eine unternehmerische Tätigkeit kann schon beginnen, wer nach der Aufforderung eines späteren Auftraggebers ein Angebot für eine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt abgibt. Deshalb kann die Erarbeitung einer Aufgabenstellung für ein Forschungsprojekt eine unternehmerische Tätigkeit sein, wenn sie durch die über den Forschungsauftrag entscheidende Behörde veranlasst wird und die Grundlage für die folgende Forschungstätigkeit gegen Entgelt ist.
  2. Die als unternehmerische Tätigkeit zu beurteilende Erarbeitung einer Aufgabenstellung für ein Forschungsvorhaben durch sechs Erziehungswissenschaftler kann einer von ihnen gegründeten Personengesellschaft (und nicht dem koordinierenden Gesellschafter) zugerechnet werden, wenn die Wissenschaftler die Aufgabenstellung gemeinsam erarbeitet, dazu Leistungen von Schreibkräften in Anspruch genommen und das Forschungsvorhaben nach Auftragserteilung gemeinsam erfüllt haben.
  3. Bei der Umrechnung des tatsächlichen Gesamtumsatzes in einen Jahresgesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG 1980/1991 ist der Zeitraum seit dem Beginn der rechtserheblichen Handlungen zu berücksichtigen.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GbR, wurde errichtet, um für eine Bundesanstalt ein Didaktik-Curriculum für eine Fahrlehrerausbildung zu entwickeln. Gesellschafter waren Erziehungswissenschaftler einer pädagogischen Hochschule (PH), darunter H, der allein zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin berechtigt war. Mit Schreiben vom 17.4.1990 an H bat die Bundesanstalt, ein Angebot für das bezeichnete Forschungsvorhaben bis zum 28.5.1990 einzureichen, damit am 1.8.1990 mit dem Forschungsprogramm begonnen werden könne. H warb die benötigten Erziehungswissenschaftler für die Mitarbeit an dem Forschungsvorhaben an und gab das erbetene Angebot am 1.6.1990 ab. Darin teilte er mit, dass die Entwicklungsarbeiten im Kollegium der Erziehungswissenschaftler der PH arbeitsteilig durchgeführt werden würden. Das Angebot mit einer Beschreibung der Forschungsarbeiten ging von Personal-und Sachkosten von 180 112 DM aus. Am 12.11.1990 wurde zwischen der Bundesanstalt und der Klägerin ein Forschungsvertrag über die erwähnte Didaktik abgeschlossen. Die Forschungsarbeiten hatten bereits am 1.10.1990 begonnen. Die Klägerin erhielt in den Streitjahren 1990 und 1991 Zahlungen von 15 000 DM (1990) und 30 000 DM (1991). In den USt-Erklä-rungen für 1990 und 1991 ging sie davon aus, dass USt wegen einer Besteuerung als Kleinunternehmer[1] nicht erhoben werde. Das Finanzamt meinte dagegen, die Klägerin habe in dem Forschungsvertrag zur Regelbesteuerung optiert[2] und setzte für 1990 und 1991 USt fest. Die Klage hatte Erfolg. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980/1991 wird die für Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 UStG geschuldete USt nicht erhoben, wenn der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz[3] zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 25 000 DM nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 100 000 DM voraussichtlich nicht übersteigen wird. Anzahlungen sind gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 UStG in den Gesamtumsatz einzubeziehen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresumsatz umzurechnen[4].

Eine unternehmerische Tätigkeit kann schon beginnen, wer nach Aufforderung eines Dritten ein Angebot für eine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt abgibt. Deshalb kann die Erarbeitung einer Aufgabenstellung für ein Forschungsprojekt eine unternehmerische Tätigkeit sein, wenn sie durch die über den Forschungsauftrag entscheidende Behörde veranlasst wird und die Grundlage für die folgende Forschungstätigkeit gegen Entgelt ist. Das FG hat die als unternehmerische Tätigkeit zu beurteilende Erarbeitung einer Aufgabenstellung für ein Forschungsunternehmen ab April 1990 zutreffend der Klägerin und nicht ihrem Gesellschafter H zugerechnet. Die Klägerin ist schon im April 1990 (mündlich) gegründet und durch H vertreten worden. Die Feststellungen des FG ergeben, dass im April 1990 eine Einigung zwischen den Gesellschaftern der Klägerin erzielt worden war, durch Beiträge in Form von Arbeitsleistungen einen Forschungsauftrag zu übernehmen.

Dass die Klägerin auch nachhaltig tätig war[5], obwohl sie nur eine sonstige Leistung an einen Leistungsempfänger gegen Entgelt ausgeführt hat, hat das FG zutreffend aus der über fünf Jahre dauernden, schwierigen und umfangreichen Forschungsarbeit gegen ein nennenswertes Entgelt von rd. 212 000 DM abgeleitet[6]. Der danach von der Klägerin im ersten Jahr 1990 ihrer Tätigkeit erzielte tatsächliche Gesamtumsatz von 15 000 DM beträgt nach der Umrechnung in einen Jahresgesamtumsatz[7] 20 000 DM, so dass von der Klägerin als Kleinunternehmerin keine USt zu erheben ist. Das gilt auch für 1991, weil der Vorjahresgesamtumsatz 25 000 DM nicht überstiegen hat und 1991 v...

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