Leitsatz
Ein Besitzunternehmer beherrscht die Betriebskapitalgesellschaft personell, wenn er zwar über die einfache Stimmrechtsmehrheit und nicht über die im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebene qualifizierte Mehrheit verfügt, er aber als Gesellschafter-Geschäftsführer deren Geschäfte des täglichen Lebens beherrscht, sofern ihm die Geschäftsführungsbefugnis nicht gegen seinen Willen entzogen werden kann.
Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger ist Alleineigentümer eines Grundstücks. In diesem befindet sich ein Ladengeschäft, das an die A-GmbH ab 1978 bis zum 31.12.1998 vermietet war. Diese betrieb darin ein Optikergeschäft. Der Steuerpflichtige war deren alleiniger Geschäftsführer. Am Stammkapital der GmbH waren der Steuerpflichtige zu 70 % und S zu 30 % beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag werden Beschlüsse der Gesellschaft mit einer Mehrheit von drei Vierteln gefasst. Die GmbH wurde zum 31.12.1998 aufgelöst, ihr Geschäftsbetrieb eingestellt. Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass eine gewerbliche Betätigung in Gestalt einer Betriebsaufspaltung vorgelegen habe. Das Finanzamt setzte deshalb für 1997 die aus der Überlassung des Ladengeschäfts an die GmbH erzielten Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb an. Zudem erließ es erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für 1997 und 1998. Der Steuerpflichtige macht dagegen geltend, eine Betriebsaufpaltung habe wegen der fehlenden personellen Beherrschung der GmbH nicht vorgelegen.
Der BFH hat die Revision des Steuerpflichtigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung haben bis zum 31.12.1998 vorgelegen. Dem steht nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige nur über die einfache Mehrheit, jedoch nicht über die im Gesellschaftsvertrag der GmbH vorgesehene Beschlussmehrheit von drei Vierteln verfügte. Für die personelle Beherrschung einer Betriebs-GmbH genügt die Herrschaft über die Geschäfte des täglichen Lebens. Macht der Gesellschaftsvertrag Geschäfte des täglichen Lebens nicht von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig, hat der Geschäftsführer diese Geschäfte zwar im Interesse der Gesellschaft, aber grundsätzlich eigenverantwortlich zu führen (§ 37 Abs. 1 und § 45 GmbHG). Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der über die Mehrheit der Stimmen nach § 47 Abs. 1 GmbHG verfügt, beherrscht deshalb dann die Geschäfte des täglichen Lebens in der Betriebsgesellschaft, wenn ihm die Geschäftsführungsbefugnis nicht gegen seinen Willen entzogen werden kann. Verfügt ein Gesellschafter-Geschäftsführer über die einfache Stimmrechtsmehrheit, kann er einen (auch mit qualifizierter Mehrheit zu treffenden) Beschluss über seine Abberufung als Geschäftsführer verhindern.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 30.11.2005, X R 56/04.