Leitsatz
Viele Anlagebetrüger legen die ihnen ausgehändigten Beträge tatsächlich nicht an der Börse an. Fordert ein Kunde die Auszahlung der ihm gutgeschriebenen angeblichen Erträge, werden diese Zahlungen aus den von neuen Anlegern zur Verfügung gestellten Mitteln bestritten – Schneeballsystem. Einige FG hatten sich gegen die Auffassung des BFH gewandt, die einzelnen Anlegern ausgezahlten oder gutgeschriebenen Erträge seien steuerpflichtig. Der BFH hat jetzt seine Auffassung bestätigt mit dem Argument, für die steuerliche Behandlung sei der von dem Geldanleger angenommene Sachverhalt, also der ihm vorgetäuschte Sachverhalt, maßgeblich.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige hatte einem von einem Anlagebetrüger geschaffenen Firmenverbund Gelder zur Verfügung gestellt, die angeblich an US-Börsen angelegt werden sollten. Nachdem das Schneeballsystem Anfang 1990 zusammengebrochen war, wollte das Finanzamt die bis 1989 ausgezahlten angeblichen Erträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuern. Das FG gab der Klage statt, weil tatsächlich keine Geldanlagen an der Börse getätigt worden seien und deshalb der nach dem Gesetz zu besteuernde Sachverhalt nicht erfüllt sei. Der BFH bestätigte dagegen die Auffassung des Finanzamts und damit seine frühere Rechtsprechung. Für die Besteuerung sei maßgeblich, von welchem Sachverhalt der Steuerpflichtige, getäuscht von dem Anlagebetrüger, bei der Hingabe der Mittel und dem Empfang der Beträge ausgegangen sei. Danach hatte der Steuerpflichtige teils Einnahmen aus Kapitalvermögen bezogen, teils Gewinne aus Spekulationsgeschäften mit Wertpapieren erzielt. Eine Ausnahme gilt nur insoweit, als einzelne dem Anleger vorgetäuschte Geschäfte nach dem seinerzeit geltenden Steuerrecht nicht besteuert werden konnten, weil ein reines Differenzgeschäft mit Spiel- oder Wettcharakter vorlag.
Hinweis
Nachdem der BFH seine frühere Auffassung bestätigt hat, müssen die von Anlagebetrügern geschädigten Steuerpflichtigen wohl endgültig die Hoffnung aufgeben, die ausgezahlten bzw. gutgeschriebenen Erträge nicht versteuern zu müssen. Die eigentliche Härte liegt oft darin, dass die Steuerpflichtigen nach teilweiser Auszahlung oder auch nur Gutschrift von Erträgen in einem späteren Jahr ihr gesamtes eingesetztes Kapital verloren haben und sie diesen Verlust nach bisheriger Rechtsprechung des BFH nicht steuermindernd geltend machen können. Auch aus steuerlichen Gründen empfiehlt sich deshalb größte Vorsicht, wenn Anlageberater mit besonders hohen Renditen werben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteile v. 14.12.2004, VIII R 81/03.BFH, Urteil vom 14.12.2004, VIII R 5/02