Umfang der Bemessungsgrundlage…
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zum wiederholten Mal entschieden, dass der Grunderwerbsteuer nur diejenigen Leistungen unterliegen, die der Erwerber an den Veräußerer erbringt, um das Grundstück im vereinbarten Zustand zu erhalten. Leistungen, die für etwas anderes aufgewendet werden, als für die Verpflichtung des Veräußerers, Besitz und Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen, gehören nicht zur Gegenleistung.
Im Streitfall hatte die Klägerin vom Land ein Grundstück zur Errichtung einer Windkraftanlage erworben. Der Gesamtkaufpreis setzte sich zusammen aus
- dem Grundstückskaufpreis von 11.550 EUR und
- einem Entschädigungswert für das Recht zur Errichtung einer Windkraftanlage inkl. des Entschädigungswerts für An- und Durchschneidung und ggf. notwendiger Baulasten und Dienstbarkeiten von 454.500 EUR.
Das Land verpflichtete sich im Gegenzug, auf seinen umliegenden Grundstücken die zum Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten zu bestellen. Laut einem Sachverständigengutachten entfiel von dem Entschädigungswert ein Anteil von 93.800 EUR auf das verkaufte Grundstück, der Restbetrag entfiel auf die umliegenden Grundstücke des Landes.
Der BFH entschied unter Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, dass zum Kaufpreis alles gehört, was der Käufer vereinbarungsgemäß an den Veräußerer leisten muss, um den Kaufgegenstand zu erhalten: Bemessungsgrundlage i. S. d. § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind der Grundstückskaufpreis (11.550 EUR) und der auf dieses Grundstück entfallende Entschädigungswert (93.800 EUR).
Gegenleistung
Begründet hat der BFH dies wie folgt:
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist beim Grundstückskauf (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) der Kaufpreis die der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legende Gegenleistung. Darüber hinaus sind in die Bemessungsgrundlage alle weiteren Leistungen des Erwerbers einzubeziehen, die er für den Erhalt des Grundstücks aufwendet. Dazu gehören auch Entschädigungen, die der Veräußerer für mit dem Verlust des Grundstücks verbundene negative wirtschaftliche Folgen erhält. Aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden sind demgegenüber Leistungen, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen. Im konkreten Fall ist dies der Entschädigungswert, der anteilig auf die umliegenden Grundstücke des Landes entfällt. Dieses Entgelt hat die Klägerin nicht für den Erwerb des Grundstücks aufgewendet, sondern für andere Leistungen des Landes, die in der Bestellung der für den Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten an den umliegenden Grundstücken und der Duldung von An- und Durchschneidungen dieser Grundstücke bestanden. Der BFH hat ausdrücklich festgestellt, dass es sich hierbei gerade nicht um die Entschädigung für eine bloße Wertminderung dieser Grundstücke handelte.
Ergänzender Hinweis:
§ 2 GrEStG maßgeblich für Umfang des GrESt-pflichtigen Rechtsvorgangs
Der Umfang des der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgangs bestimmt sich einerseits nach den Tatbeständen des § 1 GrEStG, andererseits nach § 2 GrEStG. Der Grunderwerbsteuer können nur Leistungen des Veräußerers unterliegen, die den Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG erfüllen. Erfasst werden demnach Grundstücke i. S. d. BGB einschließlich der wesentlichen Bestandteile und der mit dem Grundstück verbundenen Rechte, jedoch ohne Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gewerbeberechtigungen. Dem Grundstück gleichgestellt sind Erbbaurechte, Gebäude auf fremdem Grund und Boden sowie dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte (§ 15 WEG, § 1010 BGB).
(BFH, Urteil v. 10.5.2017, II R 16/14)