Leitsatz

Sprechen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Anteile an einer ausländischen Basisgesellschaft treuhänderisch für Dritte gehalten werden, kann das Finanzamt gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO deren Benennung verlangen.

 

Sachverhalt

Die GmbH handelt mit technischen Erzeugnissen und leistete Provisionszahlungen an eine Firma C mit Anschrift in London, deren Anschrift vom Finanzamt nicht zu ermitteln war. Darauf forderte das Finanzamt die GmbH gemäß § 160 AO auf, die tatsächlichen Empfänger der Zahlungen zu benennen. Die GmbH bezeichnete nunmehr die C mit Sitz in Guernsey als Empfängerin. Zum Nachweis legte sie eine Kopie des Zertifikats über deren Registrierung in Guernsey, Regierungsdokumente, die Liste der Gesellschafter und Geschäftsführer sowie eine Bestätigung der Bank vor, dass die C alleinige Inhaberin des Kontos in G sei. Zudem war eine Erklärung der C beigefügt, wonach kein Anteilseigner seine Anteile treuhänderisch für eine in Deutschland ansässige Person halte und keine Zahlungen an oder für eine in Deutschland ansässige Person geleistet worden seien. Finanzamt und -gericht ließen die Provisionszahlungen nicht zum Abzug zu. Dagegen richtet sich die Revision der GmbH.

 

Entscheidung

Empfänger von Zahlungen an eine ausländische Basisgesellschaft, die selbst nicht in nennenswertem Umfang wirtschaftlich tätig ist, ist in der Regel nicht die Gesellschaft selbst, sondern die Person, die diese Gesellschaft zwischengeschaltet hat. In diesen Fällen genügt die Angabe der ausländischen Gesellschaft nicht den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Empfängerbenennung[1]. Vielmehr ist der wirkliche Empfänger der Zahlungen zu benennen, damit das Finanzamt prüfen kann, ob er seine steuerlichen Pflichten erfüllt hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Inland nicht steuerpflichtig ist[2].

Auch bei Anhaltspunkten dafür, dass weder die Basisgesellschaft noch deren Anteilseigner in der Lage waren, die entgoltene Leistung zu erbringen (wie hier wegen fehlender Büroräume und nicht vorhandener eigener Geschäftstätigkeit der Basisgesellschaft), kann es nach Sinn und Zweck des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO erforderlich sein, die Personen zu benennen, die wirtschaftlich hinter der Basisgesellschaft stehen und daher einerseits als Erbringer der Leistung und andererseits als Adressaten der an sie weitergeleiteten Zahlung anzusehen sind[3]. Dies gilt insbesondere, wenn die im Ausland ansässigen Anteilseigner der Gesellschaft ihre Anteile – wie im Streitfall vom FG festgestellt – nur treuhänderisch für Dritte gehalten haben und damit die wirtschaftlich hinter der Gesellschaft stehenden Personen verdecken sollten.

Die Nichterfüllung des Benennungsverlangens rechtfertigt es, in pflichtgemäßer Ermessensausübung den Betriebsausgabenabzug bei demjenigen zu versagen, der diesen Abzug begehrt und zumindest die Möglichkeit gehabt hätte, sich über die wirklich Beteiligten Kenntnis zu verschaffen[4]. Dies gilt – so der BFH im vorliegenden Fall – auch im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 AStG, weil die Vorschrift lediglich das Tatbestandsmerkmal der "genauen Benennung" i. S. des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO konkretisiert[5].

 

Praxishinweis

1. Ist anders als im Streitfall nicht festgestellt, dass die Anteilseigner der Basisgesellschaft ihre Anteile nur treuhänderisch für Dritte halten, muss der Steuerpflichtige insoweit nicht das Fehlen eines solchen Treuhandverhältnisses beweisen und genügt deshalb schon mit der Benennung der empfangenden Gesellschaft den Anforderungen des § 160 AO[6].

2. Benannt ist ein Empfänger nur, wenn er nach Namen und Adresse ohne Schwierigkeiten und eigene Ermittlungen der Finanzbehörde bestimmt werden kann[7].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.04.2003, I R 28/02

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