Leitsatz
Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten beendet und der Zugewinn nicht ausgeglichen, kommt es bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer zu einer Minderung um eine fiktive Ausgleichsforderung. Bei dieser Berechnung wird der Nachlass aber nicht um Zuwendungen erhöht, die sonst dem Endvermögen des Erblassers nach § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB hinzuzurechnen sind.
Sachverhalt
Die Ehefrau des verstorbenen M erhielt ein Vermächtnis mit einem Steuerwert von 3363 918 DM. Bereits zuvor hatte M umfangreiche unentgeltliche Zuwendungen i.S. des § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgenommen. Die Eheleute lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das Finanzamt berechnete die Erbschaftsteuer indem es den nach § 5 Abs. 1 ErbStG nicht als Erwerb von Todes wegen geltenden Teil der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung dadurch ermittelte, dass es die Zugewinnausgleichsforderung im Verhältnis von Steuerwert und Verkehrswert des Nachlasses aufteilte. Dabei erhöhte es den Wert des Nachlasses um die dem Endvermögen hinzuzurechnenden Zuwendungen an Dritte.
Der BFH bejahte zwar die vom Finanzamt vorgenommene verhältnismäßige Kürzung der Zugewinnausgleichsforderung. Denn § 5 Abs. 1 Satz 5 ErbStG gleicht die nach bürgerlichem Recht berechnete fiktive Ausgleichsforderung dem Steuerwertniveau des Nachlasses an. Dagegen war der Nachlass zur Berechnung dieser Kürzung nicht um Schenkungen, die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzurechnen sind, zu erhöhen. Denn § 5 Abs. 1 Satz 5 ErbStG knüpft als rein steuerrechtliche Vorschrift an den Nachlass und dessen Steuerwert sowie den nach zivilrechtlichen Grundsätzen ermittelten Wert an. Im Verhältnis dieser beiden Werte wird die steuerfreie fiktive Ausgleichsforderung bestimmt. Dabei können aber Schenkungen, die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen zuzurechnen sind, nicht zum Nachlass gerechnet werden. Sie stellen keine Vermögensgegenstände, sondern lediglich Rechengrößen für die Ermittlung der Höhe der Zugewinnausgleichforderung dar. Auch ist es nicht möglich, das Tatbestandsmerkmal Nachlass über seinen Wortlaut hinaus dahin auszulegen, dass es das gesamte in die Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung eingehende Endvermögen umfasst.
Hinweis
Ausdrücklich führt der BFH aus, dass die Interpretation der Finanzverwaltung in Abschn. 11 Abs. 5 Satz 4 ErbStR nicht dem Wortlaut des Gesetzes entspricht. Darin knüpft die Finanzverwaltung im Ergebnis nicht an den Begriff des Nachlasses, sondern an den des Endvermögens als rechnerische Bezugsgröße an.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 29.6.2005, II R 7/01.