Leitsatz

  1. Bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Abs. 1 EStG sind nur die gewerblichen Einkünfte zu berücksichtigen, die im zu versteuernden Einkommen enthalten sind. Positive gewerbliche Einkünfte sind deshalb mit negativen (Beteiligungs-)Einkünften zu verrechnen (sog. horizontaler Verlustausgleich).
  2. Für die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags ist auch der sog. vertikale Verlustausgleich durchzuführen. Jedoch sind negative Einkünfte vorrangig mit nicht gemäß § 35 EStG tarif-begünstigten Einkünften des Steuerpflichtigen bzw. – bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten – mit solchen des Ehegatten zu verrechnen.
 

Sachverhalt

Die steuerpflichtigen Eheleute wurden im Streitjahr 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann erzielte als Einzelunternehmer und aus Beteiligungen an Personengesellschaften gewerbliche Einkünfte. Daneben erwirtschaftete er negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Ehefrau bezog Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Einzelnen ergaben sich folgende Beträge:

Einkünfte aus Ehemann Ehefrau
Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer 263354 DM

 

Gewerbebetrieb aus Beteiligungen – 99250 DM

 

Vermietung und Verpachtung – 88959 DM

 

nichtselbständiger Arbeit

 

149483 DM

Für die Einkünfte des Ehemanns aus dem Einzelunternehmen wurde ein Gewerbesteuermessbetrag von 10325 DM festgesetzt. Die tarifliche Einkommensteuer ermäßigte das Finanzamt nicht um das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags, sondern nur um 18230 DM1. Mit ihrer Klage begehrten die Eheleute, die Einkommensteuer um das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags zu ermäßigen. Das FG wies die Klage ab. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Abs. 1 EStG i.d.F. des StSenkG sind nur die gewerblichen Einkünfte zu berücksichtigen, die im zu versteuernden Einkommen enthalten sind. Die positiven Einkünfte des Ehemanns aus seinem Einzelunternehmen sind deshalb mit seinen negativen Beteiligungseinkünften (horizontaler Verlustausgleich) zu verrechnen. Auch negative Einkünfte aus nicht gewerblichen Einkunftsarten schöpfen das Anrechnungspotential aus gewerblichen Einkünften ganz oder teilweise ab. Für die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags ist deshalb auch der vertikale Verlustausgleich durchzuführen. Der Ermäßigungshöchstbetrag ist auf der Grundlage der gewerblichen Einkünfte des Ehemannes von 164104 DM zu berechnen. Seine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind mit den positiven Einkünften der Ehefrau aus nichtselbstständiger Arbeit zu verrechnen. Die nach Durchführung des horizontalen und vertikalen Verlustausgleichs verbleibenden gewerblichen Einkünfte des Ehemanns von 164104 DM sind für die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags in das Verhältnis der Summe der Einkünfte beider Ehegatten zu setzen. Da der nach diesen Vorgaben berechnete Ermäßigungshöchstbetrag 39811 DM beträgt, ist die tarifliche Einkommensteuer um das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags von 18585 DM zu ermäßigen.

 

Praxishinweis

Der Entscheidung ist beizupflichten. § 35 EStG wurde eingeführt, um gewerbliche Einkünfte aus Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften von der Gewerbesteuer zu entlasten2. Diesem Zweck Rechnung tragend sind negative Einkünfte vorrangig mit nicht gemäß § 35 EStG tarifbegünstigten positiven Einkünften des Steuerpflichtigen und bei zusammenveranlagten Eheleuten auch mit solchen des Ehegatten zu verrechnen. Nur wenn solche nicht tarifbegünstigten positiven Einkünfte nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, ist der Verlustausgleich mit den tarifbegünstigten Einkünften durchzuführen. Die in den Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2003 in § 2 Abs. 3 EStG angeordnete Verlustausgleichsbeschränkung ist hierbei ohne Belang.

Entgegen dem Gesetzeswortlaut bestimmt sich der Ermäßigungshöchstbetrag nicht nach dem Quotienten aus gewerblichen Einkünften und zu versteuerndem Einkommen, sondern aus dem Quotienten aus gewerblichen Einkünften und der Summe der Einkünfte – bei Zusammenveranlagung – beider Ehegatten.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.9.2006, X R 25/04

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