Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Ein gem. § 1896 BGB gerichtlich zur Erbringung von Betreuungsleistungen bestellter Berufsbetreuer kann sich für die Steuerfreiheit der aufgrund dieser Bestellung erbrachten Betreuungsleistungen auf das EU-Recht berufen.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erbrachte Betreuungsleistungen aufgrund einer Bestellung nach § 1897 BGB des zuständigen Vormundschaftsgerichts. Die Steuerpflichtige behandelte die nach § 1896 BGB erbrachten Betreuungsleistungen umsatzsteuerfrei.
Nach dem im Streitzeitraum (2005 bis 2008) geltenden nationalen Recht waren die Leistungen der Steuerpflichtigen nicht steuerfrei (§ 4 Nr. 16 bzw. Nr. 18 UStG). Jedoch kann sich die Steuerpflichtige für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auf das EU-Recht berufen. Danach sind u.a. steuerfrei "die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen, einschließlich derjenigen der Altenheime. Weitere Voraussetzung ist, dass die Leistung durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts oder durch eine andere als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung" bewirkt wird (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL).
Die sog. rechtliche Betreuung gem. §§ 1896ff. BGB "umfasst alle erforderlichen Tätigkeiten, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen" (§ 1901 Abs. 1 BGB). Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen. Die Steuerpflichtige ist auch eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter, da sie gerichtlich bestellt und überwacht wird. Im übrigen ist die Steuerpflichtige wegen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität steuerfrei zu behandeln, da Betreuungsvereine steuerfrei sind.
Nicht umsatzsteuerfrei sind allerdings Leistungen, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Das vorinstanzliche FG muss daher noch klären, ob die Steuerpflichtige z.B. als Rechtsanwältin Beratungsleistungen für die von ihr betreuten Personen erbracht hat.
Hinweis
Leistungen der Betreuer sind seit dem 1.7.2013 auch nach nationalen Recht umsatzsteuerfrei (vgl. § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG i.d.F. durch das AmtshilfeRLUmsG). Für davor erbrachte Leistungen können sich die Berufsbetreuer nach der genannten BFH-Entscheidung nun auf das EU-Recht berufen.
Auf Antrag ergeben sich für alle jetzt noch offenen Veranlagungen entsprechende Erstattungsansprüche.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 25.4.2013, V R 7/11.