Leitsatz

Jeder Wohnungseigentümer kann vom Verwalter die Durchführung eines Beschlusses verlangen.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 3

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer beschließen im Dezember 2015, Verwalter B solle namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Klage gegen den früheren Verwalter mit dem Ziel erheben, fehlerhafte Abrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2009 bis 2012 neu zu erstellen.
  2. B setzt diesen Beschluss trotz einer Aufforderung von Wohnungseigentümer K nicht um. K klagt daher gegen B mit der am 19.7.2016 bei Gericht eingegangenen und am 22.7.2016 zugestellten Klage, B zu verurteilen, von durch B auszuwählende Rechtsanwälte im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Klage gegen den früheren Verwalter mit dem Ziel der Erstellung der Einzel- und Gesamt-Abrechnungen 2009 bis 2012 zu erheben.
  3. Einen Tag zuvor, nämlich am 21.7.2016, hatten die Wohnungseigentümer allerdings beschlossen, B solle den früheren Verwalter unter Fristsetzung auffordern, die Abrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2009 bis 2012 neu zu erstellen, und gleichzeitig ankündigen, andernfalls werde eine kostenpflichtige Ersatzvornahme erfolgen. Zugleich wurde der Beschluss vom Dezember 2015 aufgehoben (auf eine Anfechtungsklage von K hin wird dieser Beschluss im Januar 2017 für ungültig erklärt).
  4. Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt. Nach diesem Urteil erhebt B während des Berufungsverfahrens Klage gegen den früheren Verwalter mit dem Ziel der Neuerstellung der Abrechnungen. K erklärt daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. B widerspricht der Erledigungserklärung. Das Landgericht (LG) stellt daraufhin unter Zurückweisung der Berufung des B fest, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt. Das LG meint, die Klage sei zulässig und begründet gewesen. Denn K sei berechtigt gewesen, durch eine Klage gegen den Verwalter die Durchführung einer von den Wohnungseigentümern beschlossenen Maßnahme zu erzwingen. Der Anspruch auf Erstellung einer Abrechnung sei ein Individualanspruch, den jeder Wohnungseigentümer selbstständig gegenüber dem Verwalter gerichtlich geltend machen könne. Werde der Anspruch vergemeinschaftet, wirke der Individualanspruch des Wohnungseigentümers auf Abrechnungserstellung in der Weise fort, dass nunmehr ein individueller Anspruch gegen den Verwalter auf Umsetzung des Beschlusses bestehe. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage sei erst entfallen, nachdem B durch die Klageerhebung gegen den früheren Verwalter seiner Verpflichtung zur Umsetzung des Beschlusses nachgekommen sei.
  5. Mit der Revision will B weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Das LG habe zu Recht die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ausgesprochen. Denn die Klage sei bei Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen.

  1. Jeder Wohnungseigentümer könne vom Verwalter die Umsetzung eines Beschlusses verlangen (Hinweis auf BGH, Urteil v. 8.6.2018, V ZR 125/17, NJW 2018 S. 3305). Dieser Anspruch könne auch im Klageweg durchgesetzt werden. Demgemäß sei K berechtigt gewesen, B auf Umsetzung des Beschlusses vom Dezember 2015 gerichtlich in Anspruch zu nehmen.
  2. Der Annahme, die Klage sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen, stehe nicht entgegen, dass der Beschluss vom Dezember 2015 durch den Beschluss vom 21.7.2016 aufgehoben worden sei. Allerdings sei dieser Beschluss verbindlich gewesen, da die Beschlussanfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung habe. Solange ein Beschluss nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden sei, sei er nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gültig (Hinweis auf BGH, Urteil v. 4.4.2014, V ZR 167/13, ZWE 2014 S. 265 Rn. 6).
  3. Das führe aber nicht dazu, dass die Erledigung der Hauptsache nicht festgestellt werden könne. Denn dies setze nicht voraus, dass die Klage bereits im Zeitpunkt ihrer Erhebung zulässig und begründet gewesen sei. Vielmehr könne sich auch eine zunächst unzulässige oder unbegründete Klage "erledigen", wenn sie nur später, nämlich im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, zulässig und begründet sei (Hinweis auf BGH, Urteil v. 6.12.1984, VII ZR 64/84, NJW 1986 S. 588, 589). So liege es im Fall. Denn die Pflicht zur Umsetzung des Dezember-Beschlusses sei mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom Januar 2017 wiederaufgelebt.
 

Kommentar

Anmerkung

Die zentrale, im Fall prozessual eingekleidete Frage ist Folgende: Welche Stelle innerhalb des Gefüges zwischen Wohnungseigentümern, Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Verwalter ist verpflichtet, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen, wer ist auf ein Tun zu verklagen und wer kann gegebenenfalls auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden? Hier war der BGH mehrere Jahre lang nicht ganz deutlich und konnte so oder so verstanden werden. Mittlerweile steht aber folgendes "System" fest:

  • Jeder Wohnungseigentümer kann einen Beschluss über die Durchführung einer erforderlichen Maßnahme herbeiführen.
  • Findet der entsprechende Antrag in der Versammlung nicht die erforderl...

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