Leitsatz

  1. Bei der Herstellung einer Milchkuh ist Investitionsbeginn der Zeitpunkt der Geburt und Investitionsabschluss der Zeitpunkt des ersten Abkalbens.
  2. Nach § 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1993 ist eine vor dem 1.1.1993 begonnene Investition nur dann begünstigt, wenn sie vor dem 1.1.1995 abgeschlossen worden ist. Diese Regelung ist verfassungsgemäß, auch wenn Wirtschaftsgüter (hier: Milchkühe), deren Herstellung sich über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren erstreckt, von der Investitionszulage ausgeschlossen sind, wenn mit der Herstellung erst im zweiten Halbjahr 1992 begonnen worden ist.
  3. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, für vor dem 1.1.1993 begonnene Investitionen, die erst nach dem 31.12.1994 fertig gestellt werden konnten, eine Übergangsregelung zu treffen oder den Investitionszeitraum zu verlängern.
 

Sachverhalt

Die in der Landwirtschaft tätige Investorin beantragte für das Jahr 1995 eine Investitionszulage für die Herstellung von Milchkühen, die vor dem 1.1.1993 geboren worden waren und nach dem 31.12.1994 erstmals gekalbt hatten. Das Finanzamt versagte die Begünstigung mit der Begründung, der Zeitpunkt des ersten Kalbens habe im Jahre 1995 gelegen. Die Herstellung sei daher nicht – wie nach § 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1993 vorausgesetzt – vor dem 1.1.1995 abgeschlossen gewesen. Die Investorin hatte eingewandt, ein Rind kalbe erst nach 26 bis 30 Monaten. Da dieser naturgegebene Ablauf nicht beeinflusst werden könne, sei es verfassungwidrig, hier die Zulage zu versagen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts und hält daran fest, dass die Herstellung eines Rindes als Milchkuh erst mit dem ersten Kalben abgeschlossen ist. Denn erst dann gibt eine Kuh Milch und kann für die Milchproduktion eingesetzt werden[1].

Gegen die zeitliche Begrenzung des Investitionszeitraums bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei der Gewährung der Zulage steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraumzu. Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot liegt hier erst dann vor, wenn für eine Regelung kein vernünftiger Grund ersichtlich ist (sog. Willkürverbot). Der Gesetzgeber war daher nicht verpflichtet, Landwirten mit Eigenaufzucht von Milchkühen, auch wenn dafür mehr als 2 Jahre benötigt werden, eine längere Investitionsfrist zuzubilligen.

 

Praxishinweis

Der Gesetzgeber muss bei einer Änderung der bestehenden Rechtslage den Eingriff in schutzwürdige Vertrauenstatbestände durch eine Übergangsregelung mildern[2]. Ein solcher Fall lag hier nicht vor. Denn die Neuregelung im InvZulG 1993 entspricht der bisherigen Fristbestimmung in § 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1991.

Wichtig ist der grundsätzliche Hinweis des BFH, dass ein Investor bei einer zeitlich befristeten Regelung ohnehin nicht damit rechnen kann, eine Förderung werde über den bisherigen Investitionszeitraum hinaus fortgeführt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.12.2002, III R 33/01

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