Leitsatz

Gegen die in §10d Abs.2 i.V.m. §2 Abs.3 EStG angeordnete Beschränkung des Verlustvortrags bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt berücksichtigte bei der Einkommensteuerveranlagung 2002 einen zum 31.12.2001 gesondert festgestellten verbleibenden Verlustabzug nicht – wie von S beantragt – in voller Höhe, sondern – den Regelungen zur Mindestbesteuerung in §10d Abs.2 i.V.m. §2 Abs.3 EStG entsprechend – nur zu einem errechneten Teil. Den Antrag des S auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2002 lehnte das Finanzamt ab. Auch das FG gewährte S keine Aussetzung der Vollziehung, ließ aber die Beschwerde zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Im Beschwerdeverfahren machte S geltend, an der Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Verlustverrechnung bestünden ernstliche Zweifel.

 

Entscheidung

Der BFH hatte keine ernstlichen Zweifel; er sieht es nicht als verfassungsrechtlich bedenklich an, dass der Vortrag der zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten negativen Einkünfte eines Steuerpflichtigen nach §10d Abs.2 EStG zeitlich gestreckt werden kann. Zur Begründung verweist der BFH auf Entscheidungen des BVerfG, in denen dieses zum Ausdruck gebracht hat, dass ein uneingeschränkter Verlustausgleich verfassungsrechtlich nicht garantiert ist. Danach ist es nicht verfassungswidrig, wenn die Möglichkeit des Verlustvortrags auf bestimmte Einkunftsarten oder auf durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Betriebsverluste beschränkt wird. Ebensowenig hat das BVerfG einen Verstoß gegen das aus der Verfassung abgeleitete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darin gesehen, dass der Gesetzgeber den Verlustabzug auf einen einjährigen Verlustrücktrag und einen fünfjährigen Verlustvortrag begrenzt hat. Wenn der Verlustabzug auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt und für einzelne Einkunftsarten oder Betriebsgewinne sogar gänzlich ausgeschlossen werden darf, muss es auch verfassungsrechtlich zulässig sein, dass §10d Abs.2 EStG den Verlustvortrag lediglich – zeitlich unbegrenzt – streckt.

 

Praxishinweis

Der BFH hat bereits in seinem Beschluss zur Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung dargelegt, dass gegen eine gesetzliche Regelung, nach der ein Verlustvortrag zeitlich über mehrere Veranlagungszeiträume gestreckt wird, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Auch aus der Rechtsprechung des BFH zur Sicherung des Existenzminimums lassen sich keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in §10d Abs.2 i.V.m. §2 Abs.3 EStG enthaltenen Regelungen ableiten. Denn die danach verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Steuerpflichtigen betrifft nur den Verlustausgleich im Jahr der Verlustentstehung, eine den Veranlagungszeitraum übergreifende Betrachtung findet insoweit nicht statt. Mit diesem Argument hat der BFH bereits begründet, dass eine Begrenzung des Verlustrücktrags nicht gegen das Gebot der Freistellung des Existenzminimums verstößt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 29.4.2005, XI B 127/04

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