Leitsatz
- Ist die Frist zur Begründung einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision abgelaufen, weil die Beschwerdebegründung nicht fristgerecht abgegeben worden ist und ein Antrag auf Verlängerung der Frist innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist nicht gestellt oder ihm nicht entsprochen worden ist, so kann das Fristversäumnis nur geheilt werden, wenn innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die Beschwerdebegründung nachgeholt wird.
- Wird Wiedereinsetzung begehrt, weil ein zur Post gegebenes Schriftstück den Adressaten nicht erreicht habe, so ist eine lückenlose und schlüssige Darstellung des Absendevorgangs dahin erforderlich, welche Person zu welcher Zeit in welcher Weise den Brief, in dem sich das betreffende Schriftstück befunden haben soll, aufgegeben hat. Die bloße Vorlage des Postausgangsbuches genügt nicht.
Sachverhalt
Ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist war angeblich rechtzeitig abgesandt worden, hatte aber den BFH nicht erreicht. Der Beschwerdeführer beantragte innerhalb von zwei Wochen, nachdem er vom Verlust seines Antrages erfahren hatte, Wiedereinsetzung, holte aber die Beschwerdebegründung erst nach vier Wochen nach. Zur Entschuldigung des Fristversäumnisses trug er nur vor, der Schriftsatz sei rechtzeitig zur Post gegeben worden, und legte dafür ein sog. Postausgangsbuch vor, in dem an dem betreffenden Tag vermerkt war "Bundesfinanzhof Münch, München, 0,56".
Entscheidung
Der BFH hat die Beschwerde verworfen. Ist die Frist zur Begründung einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision abgelaufen, weil die Beschwerdebegründung nicht fristgerecht abgegeben worden ist und ein Antrag auf Verlängerung der Frist innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist nicht gestellt oder ihm nicht entsprochen worden ist, so könne das Fristversäumnis nur geheilt werden, wenn innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die Beschwerdebegründung nachgeholt wird. Es reicht also nicht, innerhalb dieser Frist einen (erneuten) Fristverlängerungsantrag einzureichen.
Wird Wiedereinsetzung wegen unverschuldeten Verlustes eines rechtzeitig zur Post gegebenen Schriftsatzes beantragt, muss der Absendevorgang genau dargestellt werden, indem lückenlos und schlüssig vorgetragen wird, welche Person zu welcher Zeit in welcher Weise den Brief, in dem sich das betreffende Schriftstück befunden haben soll, aufgegeben hat.
Praxishinweis
Neben der (fristgebundenen) Darstellung der Wiedereinsetzungsgründe (hier: Absendevorgang) ist deren Glaubhaftmachung erforderlich. Sie (und nur sie) kann erst im Laufe des Wiedereinsetzungsverfahrens nachgeholt werden. Wer Rechtsberatung berufsmäßig ausübt, muss gegebenenfalls sein Postausgangsbuch vorlegen; daraus darf sich nicht nur ergeben, dass ein Schriftstück an den BFH versandt worden ist, sondern es muss zumindest enthalten, in welcher Angelegenheit. Das Postausgangsbuch genügt allerdings für sich alleine nicht zur Glaubhaftmachung des Absendevorgangs; erforderlich sind vielmehr eidesstattliche Versicherungen der genannten Personen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 16.12.2002, VII B 99/02