Schenkungsteuer im Streit

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass sich die Besteuerung der Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, nach der zwischen den Erben maßgebenden Steuerklasse richtet.

Im Streitfall hatte der Kläger im Jahr 2006 für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge nach seiner Mutter ausgeschlossen sein sollte, gegenüber seinen 3 Brüdern auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs verzichtet gegen eine von diesen jeweils zu zahlende Abfindung in Höhe von 150.000 EUR. 4 Jahre zuvor hatte er von der Mutter bereits Schenkungen im Wert von 1.056.232 EUR erhalten. Zu diesem Streitfall hatte der BFH bereits in einem ersten Verfahren entschieden, dass die Zahlung der Abfindungen an den Kläger nicht als Schenkung der Mutter an diesen, sondern als 3 freigebige Zuwendungen der Brüder an ihn getrennt zu besteuern sind. Das Finanzamt erließ daraufhin für die Zuwendungen der Brüder getrennte Schenkungsteuerbescheide gegen den Kläger. Die Besteuerung erfolgte ähnlich wie bei einer Zuwendung durch die Mutter. Das Finanzamt rechnete dabei der Abfindung von 150.000 EUR je Bruder jeweils den vollen Wert der im Jahr 2002 erfolgten Schenkungen der Mutter an den Kläger hinzu. Davon zog es den seinerzeit für Erwerbe von Kindern von ihren Eltern zustehenden Freibetrag von 205.000 EUR (heute: 400.000 EUR) ab. Es wandte zudem den Steuersatz der Steuerklasse I für Kinder an (19 %) und zog von der so ermittelten Steuer den gesetzlichen Anrechnungsbetrag für die Steuer für die Vorschenkungen ab. Hieraus ergab sich eine Steuer von 28.405 EUR.

Das Finanzgericht hatte der Klage stattgegeben. Es rechnete die Vorschenkungen den Abfindungen nicht hinzu und berücksichtigte dem Antrag des Klägers entsprechend lediglich den für die "übrigen Personen der Steuerklasse I" vorgesehenen Freibetrag in Höhe von seinerzeit 51.200 EUR (heute: 100.000 EUR). Damit setzte das Finanzgericht die Schenkungsteuer auf 10.810 EUR herab.

Dem ist der BFH nicht gefolgt und hat auf die Revision des Beklagten das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben.

Wichtige Abgrenzung

Verzichtet ein gesetzlicher Erbe gegen eine von seinen Geschwistern zu zahlende Abfindung auf seinen Pflichtteilsanspruch, ist nach Auffassung des BFH künftig danach zu unterscheiden, ob der Verzicht bereits zu Lebzeiten oder erst nach dem Tod des Erblassers vereinbart wird. Der Verzicht zwischen Geschwistern unterliege zu Lebzeiten des Erblassers nunmehr der Steuerklasse II, sodass die für den Steuerpflichtigen günstigere Steuerklasse I dann nur noch bei einem Verzicht nach dem Tod des Erblassers anzuwenden sei.

Begründung

Es handle sich um eine Zuwendung zwischen Geschwistern und nicht um eine Zuwendung an ein Kind. Damit hatte das Finanzgericht zwar zu Recht entschieden, dass die Vorschenkungen der Mutter bei der Berechnung der Steuer nicht zu berücksichtigen seien; denn sie stammten nicht wie erforderlich von den Schenkern, den Brüdern. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts war aber die im Verhältnis des Klägers zu seinen Brüdern geltende Steuerklasse II zwischen Geschwistern anzuwenden, und zwar sowohl hinsichtlich des anwendbaren Freibetrags (10.300 EUR, heute 20.000 EUR) als auch des Steuersatzes (17 %). Unter Berücksichtigung von Schenkungskosten war daher die Schenkungsteuer im Streitfall auf 23.647 EUR festzusetzen.

Rechtsprechungsänderung

Darin liegt eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung. Bisher war der BFH davon ausgegangen, dass in derartigen Fällen für die Besteuerung der Abfindungen nicht das Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern dasjenige zum künftigen Erblasser maßgebend sei.

Fazit

Die geänderte Rechtsprechung führt bei Pflichtteilsverzichten zwischen Geschwistern gegen Abfindung, die noch zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart werden, im Regelfall zu einer höheren Steuerbelastung als bei einer Vereinbarung nach dem Erbfall. Die Vereinbarung zu Lebzeiten begründet die Anwendung der Steuerklasse II, die Vereinbarung nach dem Erbfall die der Steuerklasse I. Bei einem nach Abzug des Freibetrags von heute 20.000 EUR je Zahlenden bei Steuerklasse II und von 400.000 EUR bei Steuerklasse I verbleibenden steuerpflichtigen Erwerb von z. B. über 75.000 EUR bis zu 300.000 EUR beläuft sich dann der Steuersatz heute auf 20 % anstelle von 11 %.

(BFH, Urteil v. 10.5.2017, II R 25/15)

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