Leitsätze (amtlich)

  1. Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses ein nicht handelbares Optionsrecht auf den späteren Erwerb von Aktien zu einem bestimmten Übernahmepreis gewährt, so liegt darin zunächst nur die Einräumung einer Chance. Ein geldwerter Vorteil fließt dem Berechtigten erst zu, wenn dieser die Option ausübt und der Kurswert der Aktien den Übernahmepreis übersteigt (Bestätigung des BFH-Urteils vom 10.3.1972, VI R 278/68, BStBl II 1972, S. 596, und des BFH-Beschlusses vom 23.7.1999, VI B 116/99, BStBl II1999, S. 684 = INF 1999, S. 669).
  2. § 19a Abs. 6 Satz 5 EStG 1984 findet nur auf im Inland börsennotierte Aktien und damit nicht auf nicht handelbare Aktienoptionsrechte Anwendung (Bestätigung des BFH-Beschlusses vom 8.8.1991, VIB 109/90, BStBl II1991, S. 929 = INF 1991, S. 548).
  3. Das Optionsrecht wird regelmäßig nicht gewährt, um dadurch in der Vergangenheit erbrachte Leistungen abzugelten, sondern um eine zusätzliche besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu verschaffen. Soweit die von dem begünstigten Arbeitnehmer in dem Zeitraum zwischen der Gewährung und der Ausübung des Optionsrechts bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wegen einer Auslandstätigkeit nach Abkommensrecht steuerfrei sind, ist deshalb auch der bei Ausübung des Optionsrechts zugeflossene geldwerte Vorteil anteilig steuerfrei.
  4. Das anteilige deutsche Besteuerungsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer nach Gewährung, aber vor Ausübung des Optionsrechts von der unbeschränkten in die beschränkte Steuerpflicht gewechselt ist.
  5. Wird das Optionsrecht von einem Dritten (hier: einer ausländischen Konzernobergesellschaft) gewährt und hat der Arbeitgeber (hier: die inländische Konzerntochtergesellschaft) von dieser Zuwendung keine konkrete Kenntnis, ist der Arbeitgeber gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht zum Einbehalt der bei Ausübung des Optionsrechts auf die Zuwendung entfallenden Lohnsteuer verpflichtet.
 

Sachverhalt

Der Kläger war nichtselbständig bei einer inländischen Arbeitgeberin (A) tätig. Ab 1987 wurde er als sog. entsandter Arbeitnehmer bei Schwestergesellschaften der A in Brasilien und - so auch im Streitjahr 1990 - in Spanien eingesetzt und war seitdem im Inland nur noch beschränkt einkommensteuerpflichtig. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei der A wurde festgestellt, dass deren in den USA ansässige Konzernobergesellschaft (B) dem Kläger im Jahr 1986 ein vererbliches, nicht handelbares und stufenweise - erst nach Ablauf von 1 bis 3 Jahren, spätestens bis zum Ablauf von 10 Jahren - ausübbares Optionsrecht auf den späteren Erwerb von 2 000 shares an ihrem Unternehmen zu einem bestimmten Übernahmepreis eingeräumt hatte, der dem damaligen Börsenkurs entsprach. Diese shares wurden später im Verhältnis 1 : 4 gesplittet, so dass dem Kläger ein Optionsrecht auf 8 000 Anteile zustand, welches er im Streitjahr 1990 für 6000 Anteile ausübte. Zu diesem Zeitpunkt lag der Börsenkurs der Anteile um x DM höher als der Börsenkurs zum Zeitpunkt der Einräumung des Optionsrechts. Das Finanzamt sah den vereinnahmten Unterschiedsbetrag von x DM als Arbeitslohn des Streitjahres an. Das FG wies die Klage ab[1]. Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

  1. Obwohl es sich bei den in Rede stehenden Aktienoptionen um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eines beschränkt Steuerpflichtigen handelt, war der Kläger nicht nur mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung[2], sondern auch mit diesen Einkünften zu veranlagen. Die Sondervorschriften für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, insbesondere die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs vom Arbeitslohn gemäß § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG 1990, finden keine Anwendung. Denn die seitens der B eingeräumten Optionsrechte unterfielen nicht dem Steuerabzug[3], weil es sich bei den Zuwendungen nicht um Arbeitslohn handelt, der i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 "im Rahmen des Dienstverhältnisses üblicherweise von einem Dritten für eine Arbeitsleistung gezahlt" wird, und weil die A als Arbeitgeberin des Klägers hiervon keine hinreichende Kenntnis hatte[4].
  2. Werden Aktien verbilligt erworben, so stellt dies einen geldwerten Vorteil dar. Dieser ist, wenn die Einräumung der Möglichkeit auf dem Arbeitsverhältnis beruht, Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit[5]. Der VI. Senat des BFH hat für den Fall, dass einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses ein nicht handelbares Optionsrecht auf den späteren Erwerb von Aktien zu einem bestimmten Übernahmepreis eingeräumt wurde, als Arbeitslohn nicht den Wert des Optionsrechts bei dessen Gewährung, sondern die Differenz zwischen Kurswert und Übernahmepreis bei Ausübung der Option angesehen[6]. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des VI. Senats an.

Der Kläger ist - unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 23.7.1984[7]- der Auffassung, im Streitfall könne ein solcher Vorteil schon deshalb nicht bestehen, weil nach...

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