Leitsatz
Ein weiteres Mal hatte sich der BFH mit einer der zahlreichen Finanzinnovationen zu befassen. Dabei kam er zum Ergebnis, dass der Veräußerungsgewinn eines Euro-Zertifikats mit einer garantierten Mindestrückzahlung in Höhe des eindeutig bestimmbare Risikos für einen Kapitalausfall steuerlich irrelevant ist.
Sachverhalt
A erwarb Indexzertifikate auf den Euro, die mit einer garantierten Mindestrückzahlung vor Endfälligkeit ausgestattet waren. Das einzelne Zertifikat lautete auf einen Nominalwert von 1 000 US-$, der Erwerb erfolgte in 1998 zu 975 US-$ je Stück, die Rückzahlung bei Endfälligkeit in 2002 war mit dem Euro-Kurs zu diesem Zeitpunkt, mindestens aber in Höhe von 100 US-$ je Zertifikat vorgesehen. Bei der Veräußerung in 2000 erzielte A einen Überschuss von 1 014 DM je Zertifikat. Das Finanzamt versteuerte den gesamten Betrag als Einkünfte aus Kapitalvermögen. A hingegen sah die Kapitalgarantie mit 10 % als vernachlässigbar an, sodass mangels zugesagter Verzinsung bzw. Rückzahlung keine steuerpflichtigen Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorliegen. Das FG sah dies auch so.
Der BFH hingegen kam zum Ergebnis, dass eine Aufteilung des Ertrags in einen steuerpflichtigen und einen nicht steuerbaren Anteil vorzunehmen ist. Der beim Verkauf der Euro-Zertifikate in Höhe der garantierten Mindestrückzahlung erzielte Überschuss (10 %) ist steuerpflichtig. Bei einer nur eingeschränkten Kapitalgarantie trägt der Erwerber das eindeutig bestimmbare Risiko, den nicht garantierten Teil seines eingesetzten Kapitals zu verlieren; insoweit entfällt dieser Teilbetrag (90 %) als Wertänderung des Kapitalvermögens auf den nicht steuerbaren Bereich.
Damit bestimmt sich die Höhe des steuerpflichtigen Teils nach dem Verhältnis der Mindestrückzahlung und der Differenz zwischen Nominalbetrag der Anlage und Mindestrückzahlung. Dieser Risikobereich ist einkommensteuerlich irrelevant. Der BFH hat somit seine Rechtsprechung zu Finanzinnovationen fortentwickelt, wonach bei Zertifikaten mit voller Rückzahlungsgarantie erzielte Kursgewinne in vollem Umfang steuerbar sind (BFH, Urteil v. 13.12.2006, VIII R 79/03, BStBl 2007 II S. 562).
Hinweis
Damit ist auch die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 16.3.1999, BStBl 1999 I S. 433 bzw. v. 27.11.2001, BStBl 2001 I S. 986) widerlegt, wonach die Zusicherung einer Rückzahlung von ca. 10 % für die Annahme von Einkünften aus Kapitalvermögen in vollem Umfang ausreichend sei.
Abschließend sei noch auf die Neuregelung im Rahmen des UntStRefG 2008 und die damit verbundene Einführung der Abgeltungsteuer hingewiesen. Danach werden künftig Gewinne aus der Veräußerung von Zertifikaten generell steuerpflichtig sein – egal ob diese mit oder ohne Kapitalgarantie ausgestattet sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 4.12.2007, VIII R 53/05.