Leitsatz (amtlich)

Für die Bestimmung des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der bei der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gemäß § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei entnommen werden kann, sind die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zum Entnahmezeitpunkt und die zukünftige mögliche Nutzung maßgebend; die steuerfreie Entnahme ist nicht auf eine (zusätzliche) Gartenfläche von 1 000 qm beschränkt.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielt Einkünfte als Landwirt, die nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt werden. Mit der ESt-Erklärung 1990 reichte er die Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1990/91 ein, aus der sich u.a. der Abgang des selbstgenutzten Wohngebäudes mit dem dazugehörigen Grund und Boden von 2.200 qm ergab. Der Kläger wählte die Nutzungswertbesteuerung zum 31.12.1990 ab. Das Grundstück, auf dem sich das Wohnhaus des Klägers befindet, ist ein einheitliches Flurstück und liegt im Ortskern des Dorfes. Wohnhaus, Ziergarten, Schuppen, Waschküche und eine längliche Scheune befinden sich auf dem nördlichen Teil des Grundstücks. Ein Durchgang zwischen Hofgebäude und Scheune führt zum südlich gelegenen 1.442 qm großen Garten, dessen östlicher Bereich als Obst- und Gemüsegarten genutzt wird, während der westliche Teil aus einer Rasenfläche und einem kleinen Bereich für Hühner besteht. Das Grundstück grenzt nur nördlich an eine öffentliche Dorfstraße an. Der westliche Gartenteil grenzt in einer Länge von ca. 6 m an einen der Grundstücksnachbarin gehörenden, 1 bis 2 m breiten Grundstücksstreifen an, an den sich ein öffentlicher Weg anschließt. Im Übrigen ist der Gartenteil des Grundstücks von anderen bebauten Grundstücken umgeben, die nicht dem Kläger gehören. Der Kläger ging von einer steuerfreien Entnahme des Wohnhauses und des Grund und Bodens aus. Das Finanzamt meinte dagegen, die Steuerbefreiung könne sich nur auf eine Fläche von 1 400 qm für Wohnhaus und Ziergarten beziehen, im Übrigen sei von einer steuerpflichtigen Entnahme des Gartens auszugehen. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Mit der nach § 52 Abs. 15 Satz 4 EStG a.F. zulässigen Abwahl der Nutzungswertbesteuerung der Wohnung zum 1.1.1987 galten das Wohnhaus des Klägers sowie der dazugehörige Grund und Boden zu dem Zeitpunkt als entnommen, bis zu dem § 13 Abs. 2 oder § 13a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG a.F. letztmals angewendet wurden[2]. Im Streitfall gehörte der Nutzungswert der Wohnung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass der Kläger die Nutzungswertbesteuerung zum 31.12.1990 abgewählt hat.

Zu Recht hat das FG den gesamten Hausgarten von 1.442 qm als zur Wohnung dazugehörigen Grund und Boden behandelt, der bei Abwahl der Nutzungswertbesteuerung ebenfalls als entnommen gilt, wobei ein Entnahmegewinn außer Ansatz bleibt[3]. Die streitige Gartenfläche hat seit Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung und über den Zeitpunkt der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung hinaus als zur Wohnung gehörender Garten gedient. Auf der Grundlage einer Ortsbesichtigung und des Umstands, dass auch neun Jahre nach der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung keine Bebauung möglich war, hat das FG überdies die Überzeugung gewonnen, dieser Garten werde auf absehbare Zeit nicht anders denn als Garten genutzt werden. Dafür waren die Lage der nicht an einen öffentlichen Weg grenzenden Fläche und die Aussage des Sachverständigen entscheidend, der den Garten als unerschlossenes "typisches Hinterland" bezeichnete. Dieser Würdigung ist auch das Finanzamt zur Feststellung des Verkehrswerts dieser Fläche gefolgt. Bei der Ortsbesichtigung hatte die Berichterstatterin des FG-Senats überdies festgestellt, dass der Garten der Nachbarin der Kläger "mindestens in etwa so groß wie das Gartenstück der Kläger …, eher noch etwas größer" sei. Insoweit ist entscheidend, dass Obst- und Gemüsegärten der Landwirte in ländlichen Gegenden oft sehr viel größer bemessen sind, als die zu einem Einfamilienhaus oder gar einem Reihenhaus gehörigen Gartenflächen. Diese, nach den örtlichen Verhältnissen im Streitfall festgestellte übliche Größe ist auch für die künftige Wohnungsnutzung der Kläger maßgebend. Die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung ändert nichts an den Gewohnheiten der ländlichen Bevölkerung, sich in weit größerem Umfang selbst zu versorgen, als dies bei auch auf dem Lande lebenden Nichtlandwirten der Fall ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 26.9.2001 - IV R 22/00

[2] Vgl. § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F.
[3] Vgl. § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG a.F.

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